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Prozessorientierte Budgetierung

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Prüfsiegel gültig bis 2025

Definition

Die Grundidee ist, die Vorgehensweise der Prozesskostenrechnung auf Planung und Budgetierung zu übertragen. Die Prozesskostenrechnung zielt auf eine prozessorientierte Betrachtung der Unternehmensaktivitäten, ihrer Bewertung mit Kosten und die Möglichkeit, über die Prozesse die hohen und oft intransparenten Gemeinkosten des Unternehmens besser in den Griff zu bekommen. Die prozessorientierte Budgetierung nutzt die Informationen der Prozesskostenrechnung, um die Aktivitäten in den Gemeinkostenbereichen über Output-Größen zu messen, konkret über Prozesse und den Leistungen, die durch sie erzeugt werden.


Grundkonzept

Prozesskostenrechnung als Ausgangspunkt Die Prozesse, die eine Prozesskostenrechnung betrachtet, sind sachlogisch zusammenhängende Ketten von Aktivitäten, die sich häufig gleichartig wiederholen. Die Merkmale der in der Prozesskostenrechnung betrachteten Prozesse sind:

(1) Ausrichtung auf einen für den Betriebszweck relevanten Output, beispielsweise eine Bestellung, eine Rechnungsprüfung oder eine Kommissionierung,

(2) Möglichkeit der zeitlichen (Start, Ende, Durchlaufzeiten), qualitativen (Prozessqualität) sowie kostenmäßigen Zuordnung von Kenngrößen.

Die Ermittlung der Prozesskosten erfolgt über die Zuordnung von Arbeitskapazitäten auf Prozesse und deren Bewertung mit einem Kostensatz. Die Prozesskostenrechnung ersetzt nicht die bisherige Struktur der Kostenrechnung, sondern ergänzt und detailliert sie. Die folgende Abbildung zeigt den grundlegenden Ablauf der Prozesskosten-Ermittlung.

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Abb. 1: Beispiel für die Ermittlung der Prozesskosten (Rieg, 2014)

Verwendung für die Budgetierung Die Prozesskostenrechnung kann das Gemeinkostenmanagement unterstützen. Sie liefert detaillierte Informationen über die Entstehung (= Prozesse) und Verwendung (= Prozessoutput) der Gemeinkosten, die aus einer kostenstellenbezogenen und kostenartenorientierten Analyse nicht ableitbar sind. Die Art und Höhe der ermittelten Prozesskosten kann einen Anstoß zu effizienzsteigernden Maßnahmen liefern, die an den Ursachen der Gemeinkostenentstehung ansetzen und nicht pauschal bestimmte Kosten senken wie bei der Gemeinkostenwertanalyse. Letztere konzentriert sich primär auf das Symptom „hohe Kosten“ und ändert nicht ohne weiteres die Ursachen dafür. Auf der Basis dieser effizienzgesteigerten Prozesse kann dann die Prozesskostenrechnung für die laufende Planung und Steuerung eingesetzt werden. Statt Gemeinkosten auf Basis von Vergangenheitswerten in die Zukunft fortzuschreiben, wird eine analytische Mengen- und Wertplanung von Prozessen verwendet.

Die Prozesskostenrechnung stellt detaillierte Informationen bereit, um die Kostenentstehung der indirekten Bereiche besser verstehen, planen und ggf. verändern zu können.

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Abb. 2: Informationsfluss der prozessorientierten Budgetierung (Rieg, 2014)

Beispiel der prozessorientierten Budgetierung

Mit der prozessorientierten Budgetierung können unternehmensinterne Ressourcen besser zugewiesen werden, was zu einer höheren Wirtschaftlichkeit beiträgt. Statt beispielsweise der Einkaufsabteilung ein Plankostenbudget zuzuweisen, von dem man mangels Prozessinformationen nicht genau weiß, wofür das Geld verwendet wird, beginnt man mit der Planung der Prozessmengen, wie in folgendem Beispiel.

Die Prozessmengen bilden die Leistungen ab, die eine Einkaufsabteilung zu erbringen plant, d.h. beispielsweise die Zahl abgearbeiteter Bestellungen oder durchgeführter Abrufe aus Rahmenverträgen. Die einfachste Form der Budgeterstellung plant dagegen nur die Eingangsgrößen wie Personal- und Sachkosten, nicht aber wofür diese Ressourcen eingesetzt werden sollen. Die prozessorientierte Budgetierung beginnt bei der Frage der zu erbringenden Leistungen und ermittelt auf deren Basis das nötige Budget. Dies ist der zentrale Unterschied und Vorteil.

In dem Beispiel unten plant die Einkaufsabteilung eine Verschiebung der Prozesse hin zu Abrufen aus Rahmenverträgen, die weniger Prozesse erfordern und geringere Prozesskosten verursachen. Durch die Verschiebung der Prozessmengen ergeben sich, bei angenommenen gleichen Bearbeitungszeiten je Vorgang, neue Kapazitätsbedarfe und Kosten für die einzelnen Prozesse. Es wird angenommen, dass die Kosten und Bearbeitungszeit je Prozess konstant bleiben, um den Effekt veränderter Prozessmengen deutlicher zu zeigen. Durch die Verschiebung der Prozessmengen entsteht eine Leerkapazität, d.h. nicht genutzte Kapazität, in der Abteilung. Rein rechnerisch kann diese Leerkapazität auf das Budget anteilig herunter gerechnet werden: Die Personalkosten müssten auf ca. 667.000 EUR sinken, ebenso die Abschreibungen anteilig auf ca. 59.000 EUR.

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Abb. 3: Beispiel für ein prozessorientiertes Budget (Rieg, 2014)

Vor- und Nachteile und Verbreitung

Die Vorteile der prozessorientierten Budgetierung liegen in der höheren Transparenz, der besseren Informationsbasis sowie die Unterstützung bei der Kostensenkung durch eine bessere Ressourcenzuweisung.

Wesentliche Kritikpunkte sind einmal der doch recht hohe Aufwand der Einführung des Budgetierungssystems und der laufenden Anpassung und Pflege der Prozessdaten. Zum zweiten sind die sich ergebenden Werte keine variablen Kosten sondern geschlüsselte Gemeinkosten, was bei Unkenntnis der Zusammenhänge zu Fehlentscheidungen führen kann. Die Prozesskostenrechnung wird – je nach Studie – von etwa 30-40 % der befragten Unternehmen verwendet. Ihr Einsatzgebiet dürften eher Unternehmen sein mit entsprechend hohen Gemeinkostenanteilen, komplexen Prozessen und vielfältigen Kunden- und Marktbeziehungen. Diese Bedingungen sind branchen- und größenabhängig gegeben. Daher wird sie nicht jedes Unternehmen einsetzen.

Literatur

Rieg, R.: Planung und Budgetierung - Was wirklich funktioniert, 2. Auflage, Wiesbaden, 2014.

Ersteinstellender Autor

Prof. Dr. Robert Rieg, Hochschule Aalen, [robert.rieg@htw-aalen.de]