Better Budgeting
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An der derzeit in den Unternehmen vorherrschenden Planungs- und Budgetierungspraxis ist in den letzten Jahren vielfältige Kritik geäußert worden - von Seiten der Wissenschaft aber auch von Unternehmensvertretern selbst. Die klassische Budgetierung wird als zu starr empfunden, um den Unternehmen als zielführendes Steuerungsinstrument in einem durch ständigen Wandel und erhöhte Dynamik gekennzeichneten Unternehmensumfeld zu dienen. Auch haben die Unternehmen gelernt, dass die alljährliche Planung einen hohen Ressourceneinsatz mit sich bringt und die Aussagekraft der Planwerte und ihre Anreizwirkung vielfältigen Einschränkungen unterliegen.
Im Folgenden soll ein Überblick gegeben werden über die Schwachstellen der traditionellen Budgetierung und die Verbesserungspotentiale, die sich aus den aktuell diskutierten Ansätzen zur Modernisierung des Budgetierungsprozesses ergeben.
Inhaltsverzeichnis
Schwachstellen der traditionellen Budgetierung
Als wesentliche Kritikpunkte an der traditionellen Budgetierung werden insbesondere genannt:
Starre Fixierung auf die Geschäftsperiode; keine ausreichende Vorausschau in die Zukunft, die Verknüpfung mit strategischen Zielen bleibt auf der Strecke, Vergangenheitsorientierung statt Zukunftsorientierung
Ungünstige Aufwand / Nutzen Relation; umständliche und langwierige Abstimmungsprozesse und ein hoher Detaillierungsgrad erzwingen einen hohen Einsatz an personellen Ressourcen - nicht nur im Controlling sondern auch in den beteiligten Fachabteilungen
Geringe “Halbwertzeit” der Planung; kurz nach der Verabschiedung ist die Planung schon wieder veraltet, dynamische Umfeldbedingungen verschärfen dieses Problem
Anreizprobleme; der Planungsprozess führt zu politischen Spielen mit persönlicher Bonusmaximierung als Budgetierungsprämissen, Bestandswahrung statt Marktorientierung, Planerfüllung anstellen von Reaktion auf Marktentwicklungen, Vernachlässigung nichtmonetärer Größen
Zusammengefasst wird also für die traditionelle Budgetierung konstatiert: Hohe Ressourcenbindung bei geringem Nutzen! Auch empirische Studien sprechen hier eine deutliche Sprache: bspw. benötigen 20 % der Unternehmen mehr als 4 Monate zur Budgeterstellung. Controller geben an bis zu 50 % ihrer Kapazitäten für Planung und Budgetierung zu verbrauchen und auch Manager müssen mit bis zu 20 % ihrer Arbeitszeit zur Planung beitragen.
Ansätze für eine moderne Budgetierung
An diesen Schwachstellen setzen die neueren Ansätze zur Weiterentwicklung der Budgetierung an. Dabei lassen sich in Abhängigkeit von dem zugrunde liegenden Veränderungsumfang und der erreichbaren Behebung der Schwachstellen der traditionellen Budgetierung derzeit drei grundlegende Ansätze unterscheiden:
Better Budgeting Bei diesem Ansatz wird die traditionelle Budgetierung grundsätzlich nicht in Frage gestellt. Man konzentriert sich vielmehr darauf, durch eine permanente Weiterentwicklung der Planung in Form einer “Politik der kleinen Schritte” die Effizienz der bestehenden Systeme und Methoden zu verbessern. Typische Maßnahmen sind bspw. eine vorsichtige Verringerung der Detailtiefe der Planung oder eine verbesserte IT-Unterstützung des Budgetierungsprozesses. Auch werden regelmässige Forcasts eingeführt.
Advanced Budgeting Der Advanced Budgeting Ansatz geht konsequent einen Schritt weiter, in dem er unterstellt, dass mittelfristig die Bedeutung von Budgets abnehmen wird. Gleichzeitig werden kurzfristige Maßnahmen umgesetzt, die auf eine Steigerung der Planungsqualität bei gleichzeitiger Verringerung der eingesetzten Ressourcen abzielen. Die typischen Maßnahmen im Rahmen des Advanced Budgeting sind folglich auch grundlegender: Einbeziehung von extern orientierten Benchmarkgrößen in die Planung, die mit einer verstärkten Nutzung relativer Planungsziele einhergeht. Eine deutliche Verringerung der Detaillierung der Planung sowie eine stärkere Verbindung von Strategie und operativer Planung. Dieses wird durch die Einbeziehung nicht-monetärer Größen in die Planung und die Implementierung eines Rolling - Forecast Prozesses erreicht.
Beyond Budgeting Dieser Ansatz ist am weitesten von dem entfernt, was Controller derzeit unter Planung und Budgetierung verstehen. Beyond Budgeting übersetzt mit “jenseits der Budgetierung” fordert eine grundsätzliche Abkehr vom traditionellen “Denken” in Plan- und Budgetierungsgrößen. Die Basis bilden dabei 12 als vorbildlich angesehene Management und Perfomance Measurement Prinzipien, die sich konsequent an den Erfordernissen des Marktes ausrichten. Relative Ziele treten an die Stelle von fixierten Budgetgrößen (Es gilt besser zu sein als der Wettbewerb und nicht einen Plan zu erfüllen) Aber Beyond Budgeting bedeutet mehr als nur den Verzicht auf feste Planvorgaben. In der gesamtheitlichen Anwendung führen die Prinzipien des Beyond Budgeting Ansatzes zu einer Dezentralisierung von Verantwortung und wollen damit Flexibilität, Kreativität und Leistungsansporn im Unternehmen in den Vordergrund stellen. Erfolgreiches Beyond Budgeting ändert daher nicht nur den Budgetierungsprozess sondern fordert und fördert auch eine Änderung der Unternehmenskultur.
Gibt es den „richtigen“ Ansatz?
Auf die Frage nach dem “richtigen” Ansatz für ein bestimmtes Unternehmen lässt sich keine pauschale Antwort geben. In Abhängigkeit von der Dynamik des Unternehmensumfelds, der Komplexität des Unternehmens und seiner Geschäftsmodelle lassen sich jedoch grundsätzliche Aussagen über die Eignung der drei beschriebenen Ansätze treffen. Diese sind in der folgenden Grafik zusammengefasst.
Neben der grundsätzlichen Eignung der einzelnen Ansätze hat jedes Unternehmen natürlich auch im Rahmen einer Kosten / Nutzen Analyse individuell zu betrachten welches Vorgehen die ökonomisch sinnvollste Alternative darstellt.
“Nichts ist beständiger als dieVeränderung” - und die macht, wie wir gesehen haben auch vor der Budgetierung nicht halt. Der Controller ist jedoch nicht auf sich allein gestellt. Eine Vielzahl aktueller Veröffentlichungen bieten Grundlagen und Best Practices. Im Internationalen Controllerverein beschäftigt sich ein eigener Facharbeitskreis [1] mit dem Thema und hat ein ICV White Paper "Moderne Budgetierung" [2]verlautbart. Spezialisierte Controller-Communities im Internet ermöglichen einen virtuellen Erfahrungsaustausch mit Fachkollegen zu diesem hochspannenden Thema.
Ansatzpunkte für die Controllerpraxis
Die im Folgenden aufgeführten “Sofortmaßnahmen” stellen Ansatzpunkte für eine schrittweise Verbesserung der Planungsprozesse dar.
Stringente Organisation des Planungsprozesses Grundlage einer effizienten Planung ist eine stringente Organisation. Zu Beginn der Planung sollten Vorgaben Top-Down erfolgen. Das Management sollte frühzeitig und umfassend am Planungsprozess beteiligt werden. Als zentrales Hilfsmittel sollte eine möglichst detaillierte Richtlinie existieren, die den Planungsprozess unternehmensweit strukturiert und allen Beteiligten bekannt ist. Die Richtlinie sollte insbesondere auch die zeitliche Abfolge des Planungsprozesses für die einzelnen Bereiche verbindlich festlegen (Planungskalender) und damit deren Tätigkeiten synchronisieren.
Harmonisierung der Datenbasis Eine einheitliche Datenbasis, insbesondere bei der Konsolidierung der Daten von Unternehmen in Konzernstrukturen, ermöglicht dauerhafte Effizienzgewinne im Budgetierungsprozess. Automatisierte Schnittstellen zwischen Datenbeständen unterschiedlicher Datenbanken beschleunigen die Übernahme von Daten und verringern die Gefahr von Abweichungen.
Verbesserung der IT Unterstützung Eine leistungsfähige IT Umgebung in Verbindung mit einer Softwarelösung, die den Planungsprozess durch automatisierte Planungsroutinen unterstützt, erhöht die Geschwindigkeit bei der Verarbeitung und Zusammenführung der Planungsdaten.
Erhöhung der Nutzerfreundlichkeit der eingesetzten Planungswerkzeuge Eine konsequente Unterstützung des Planungsworkflows durch eine entsprechende Softwarelösung erleichtert die Planungstätigkeit für alle Beteiligten. Eingabemasken, die den Nutzer intuitiv durch den Planungsprozess leiten erhöhen die Akzeptanz bei den Beteiligten und die Qualität der Planungsdaten. Kommentierungsmöglichkeiten zu einzelnen Planungsdaten steigern deren Aussagekraft und verringern die Anzahl der Rückfragen. In der Planungssoftware integrierte Plausibilitätskontrollen schaffen Sicherheit und vermeiden Fehler schon bei der Eingabe.
Entfeinerung der Planung Eine Verringerung des Detaillierungsgrads der Planung vermindert den Ressourcenaufwand u.U. erheblich. Gleichzeitig lässt sich eine Fokussierung der Budgetierung auf zentrale Planungspositionen erreichen. So können bspw. strategische wichtige Kosten- oder Erlösgrößen intensiv geplant werden, während auf Positionen von untergeordneter Bedeutung ganz verzichtet wird, diese in globale Budgets überführt oder auf Basis der Ist-Kosten fortgeschrieben werden.
Forecast Prozesse implementieren Durch die Implementierung von Forecasts zu definierten unterjährigen Zeitpunkten wird die Prognosefähigkeit der Planung gesteigert. Es bietet sich an, einen höheren Forecast- Rhythmus zu wählen - unter Umständen monatlich - den Detaillierungsgrad jedoch zu begrenzen. Dieses hält den Aufwand für die Erstellung und Analyse in Grenzen. Wird ein sog. Rolling Forecast implementiert, lässt sich die starre Fixierung der Planung auf das Ende der Planungsperiode überwinden. Strategische und operative Planung werden stärker verbunden.
Ersteinstellende Autor
Dipl.-Kfm. Jens Obermöller