Operative Finanzierungsalternativen: Unterschied zwischen den Versionen
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== Beteiligungsfinanzierung == | == Beteiligungsfinanzierung == |
Version vom 8. September 2015, 13:42 Uhr
Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung
Eingebettet in die grundsätzliche Ausrichtung der Finanzierung (→ Strategische Finanzierungsalternativen) besteht die Aufgabe des operativen Finanzmanagements in der konkreten Ausgestaltung und Umsetzung der Bereitstellung von Kapital, um die laufenden Ausgaben sowie das angestrebte Wachstum resp. die vorgesehenen Investitionen der Unternehmung realisieren zu können. Ausgangspunkt hierfür ist die Feststellung des Kapitalbedarfs, der durch vielfältige Maßnahmen der Gestaltung der Leistungsprozesse beeinflusst werden kann. Soweit diese nicht ausreichen, ist zusätzliches Kapital über unternehmungsexterne Finanzinstitutionen (wie Kreditinstitute oder Kapitalmärkte) zu beschaffen. Dies kann über die Bereitstellung von Eigen- oder Fremdkapital erfolgen oder indirekt über das Leasing von Vermögensgegenständen oder die Veräußerung von Forderungen.
Das Liquiditätsproblem der Unternehmung
Zentrales Anliegen der Finanzwirtschaft einer Unternehmung ist die Sicherung der Liquidität, d.h., die betragsmäßige und termingerechte Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit. Dies ist für jede Unternehmung eine unabdingbare Restriktion und Zielsetzung:
- Die Einhaltung aller rechtsverbindlichen Zahlungsverpflichtungen ist Voraussetzung dafür, dass ein arbeitsteiliges Wirtschaftssystem überhaupt funktioniert. Insofern zieht deren Missachtung Sanktionen für die Unternehmung nach sich: Im Einzelfall in Form von Vertragsstrafen, höheren Zinsen oder Pfändungen, nachhaltig ist die Existenz der Unternehmung durch Insolvenz („Zahlungsunfähigkeit“) bedroht.
- Darüber hinaus und insbesondere ist eine ausreichende Liquiditätsreserve erforderlich, um eine Unternehmung planmäßig fortzuführen, sei es, um den reibungslosen Geschäftsverkehr zu gewährleisten, aus Gründen der Vorsicht oder um gegebenenfalls ein vorteilhaftes Geschäft realisieren zu können.
Sicherung und Gestaltung der Liquidität unterliegen demgemäß einer betragsmäßigen und einer zeitlichen Komponente, die sowohl durch leistungswirtschaftliche als auch durch (rein) finanzwirtschaftliche Maßnahmen beeinflusst werden können.
Innenfinanzierung
Die Bereitstellung liquider Mittel über den Leistungsprozess durch getätigte Umsätze, die der Unternehmung tatsächlich als Einnahmen zufließen, bildet die Basis der Liquiditätssteuerung einer Unternehmung. Ein großer Teil dieser Einnahmen wird dabei unmittelbar wieder in Form von Ausgaben für Einsatzgüter, aber auch für Steuern und Abgaben abfließen. Deren Höhe kann nicht unwesentlich durch eine gezielte Strukturierung des Vermögens (z.B. Vorratshaltung, Forderungsmanagement) und der Verbindlichkeiten (etwa durch Ausschöpfen von Zahlungszielen) beeinflusst werden. Verbleibende Mittel stehen der Unternehmung möglicherweise längerfristig zur Verfügung, können mithin für Investitionszwecke eingesetzt werden. Diese Innenfinanzierung ist vornehmlich in drei Ausprägungen relevant:
- Die Wertminderungen von Betriebsmitteln (wie Gebäude, Maschinen) werden jährlich in Form von Abschreibungen als Aufwand in der GuV verbucht. Werden diese Aufwendungen über die Umsatzerlöse „verdient“, stehen diese Mittel für Investitionen, Schuldentilgung oder Gewinnausschüttungen zur Verfügung, erweitern mithin den Finanzierungsspielraum („Finanzierung aus Abschreibungsgegenwerten“).
- Dies gilt gleichermaßen für die Bildung von langfristigen Rückstellungen wie insbesondere Pensionsrückstellungen („Finanzierung durch Rückstellungen“).
- Schließlich vermeidet die Einbehaltung erwirtschafteter Gewinne („Selbstfinanzierung“) den Abfluss von Liquidität, so dass auch hier Mittel für Investitionen zur Verfügung stehen.
Gemessen werden kann diese Innenfinanzierungskraft näherungsweise über den Cash Flow, der in der einfachsten Variante definiert werden kann als
Jahresüberschuss
+ Abschreibungen
- Zuschreibungen
+/- Erhöhung/Verminderung (langfristiger) Rückstellungen.
Der Cash Flow beziffert den Innenfinanzierungssaldo präzise, soweit alle anderen Erträge und Aufwendungen zahlungswirksam sind und Abschreibungen wie Rückstellungen über den Umsatz zufließen.
Beteiligungsfinanzierung
Falls die Innenfinanzierung für die Liquiditätssteuerung und das geplante Wachstum nicht ausreicht, ist Kapital über die Finanzmärkte zuzuführen. Diese Außenfinanzierung kann – in Konkretisierung der → Strategischen Finanzierungsalternativen – als Eigen- oder Fremdkapital realisiert werden.
Die Möglichkeit zur Finanzierung mit Eigenkapital („Beteiligungsfinanzierung“, „Einlagenfinanzierung“) hängt entscheidend von der Rechtsform der Unternehmung ab:
- Bei einer Einzelfirma ist die Zuführung durch das private Vermögen des Inhabers begrenzt, evt. erweitert um einen Stillen Gesellschafter.
- Bei Personengesellschaften (OHG, KG) oder nicht emissionsfähigen Kapitalgesellschaften (GmbH, Kleine AG) erweitern sich die Spielräume dahingehend, als nicht nur das Privatvermögen mehrerer Teilhaber verfügbar ist, sondern auch neue Gesellschafter hinzukommen können. Allerdings erschweren insbesondere Informationsasymmetrien, der Grad der Mitwirkung bis hin zur Übernahme von Unternehmerfunktionen sowie die eingeschränkte Handelbarkeit rechtsformabhängig die risikoadäquate Bewertung und Vergütung der Anteile.
- Emissionsfähige Unternehmungen (wie die AG, die KGaA und die SE) haben Zugang zum organisierten Kapitalmarkt, der Börse. Das in Aktien gestückelte Grundkapital erlaubt eine große Anzahl von Aktionären, die sich auch mit kleinen Beträgen beteiligen können. Die Aktie selbst ist nicht kündbar, aber über die Börse, die über Angebot und Nachfrage deren Kurs ermittelt, leicht zu veräußern.
Zudem regelt insbesondere das Aktiengesetz AktG Rechte und Pflichten der Aktionäre sowie der Organe der AG (Hauptversammlung, Aufsichtsrat, Vorstand), sodass die einzugehenden Risiken transparenter werden. Einen Überblick über die Formen der Kapitalerhöhung einer AG skizziert Abb. 1.
Kreditfinanzierung und Kreditsubstitute
Die Finanzierung mit Fremdkapital kann entweder im direkten Kontakt zu einem Kapitalgeber erfolgen (etwa der Hausbank) oder – ähnlich den Aktien – durch Stückelung des Gesamtbetrages in Form von Anleihen. Die Vielschichtigkeit einer solchen Kreditbeziehung verdeutlicht Abb. 2 (Schirmeister, 1996).
Grundlage eines derartigen Kreditkontraktes ist der befristete Erwerb finanzieller Mittel durch den Kreditnehmer, wodurch der Kreditgeber schuldrechtliche Ansprüche auf spätere höhere Zahlungen einhandelt, dabei das Risiko des Kreditausfalls eingeht: Da bei der Schuldnerunternehmung Kredite zur Finanzierung von Investitionen dienen, übernimmt der Gläubiger mittelbar ein Investitionsrisiko, das sich für ihn schließlich zum Ausfallrisiko entwickeln kann. Als besser informierter kann der Schuldner dieses Wissen möglicherweise eigennützig – beispielsweise durch eine riskante Investitionspolitik – zum Schaden des Kreditgebers ausspielen.
Ein Kreditvertrag hat demzufolge Zahlungsansprüche von Schuldnern und Gläubi-gern zu regeln, d.h., zu welchen Terminen während der Laufzeit welche Zahlungen auf welche Weise (z.B. in welcher Währung) zu leisten sind. Den Risiken kann hier-bei durch die Höhe der Verzinsung in Form einer aufzuschlagenden Risikoprämie entsprochen werden. Allerdings sorgen derartige Aufschläge beim Kreditgeber nur dann für einen Ausgleich, wenn aus einer Vielzahl von Krediten ein Teil uneinbringlich wird. Das Risiko des einzelnen Kredites hingegen ist vertraglich durch ein auf das konkrete Geschäft zugeschnittenes Regelungswerk von Gläubigerrechten, Gläubigeransprüchen und Schuldnerpflichten abzusichern.
Unter Abwägung von Finanzierungsalternativen mit den Grundsätzen und Zielen der eigenen Finanzierungspolitik ist vorrangig die unternehmerische Unabhängigkeit des Schuldners angesprochen: Besteht die Bereitschaft, dem Gläubiger diverse Rechte (etwa Informations-, Kontroll-, Mitspracherechte) sowie Sicherheiten einzuräumen, zugleich Zahlungs- und gegebenenfalls andere Pflichten einzugehen? Eine Klassifizierung der Fremdfinanzierung einer Unternehmung setzt an der Fristigkeit der Darlehensgewährung an und trennt, obschon nicht präzise abgrenzbar, in lang- und kurzfristige Kapitalbereitstellung. Zu den langfristigen Finanzierungformen zählen dann
- Anleihen als gestückelte, verbriefte Variante,
- Schuldscheindarlehen als Kredit ohne Zwischenschaltung der Börse bei Kapitalsammelstellen (wie Versicherungen) sowie
- der langfristige Bankkredit.
Die kurzfristige Kreditfinanzierung unterscheidet zwischen
- Bankkrediten, insbesondere den Kontokorrent und den Lombardkredit,
- Handelskrediten wie Kundenanzahlungen, Lieferanten- und Wechselkredit sowie
- der Kreditleihe, insbesondere im Außenhandel als Akzeptkredit (Rembourskredit) bzw. Avalkredit.
Anstelle eines Darlehens spielen Kreditsubstitute für die operative Unternehmungsfinanzierung eine wichtige Rolle. Prinzipiell gilt hier das vergleichbare Bedingungsgefüge wie bei den Kreditkontrakten, allerdings auf das jeweilige Vertragsverhältnis spezifiziert:
- Beim Factoring werden die Forderungen an ein darauf spezialisiertes Finanzinstitut, den Factor, veräußert. Auf diese Weise verbessert die Unter-nehmung ihre Liquidität („Finanzierungsfunktion“). Zugleich trägt der Factor das Risiko des Forderungsausfalls („Delkrederefunktion“) und führt die Debitorenbuchhaltung („Servicefunktion“). Eine kapitalmarktorientierte Erweiterung dieses Forderungsverkaufs ist die Verbriefung der Forderungen, deren Stückelung und Emission auf dem Kapitalmarkt („Asset Backed Securities“).
- Statt eine Investition über einen Kredit zu finanzieren, kann der Vermögensgegenstand (eine Maschine, ein Fahrzeug) auch im Wege der mietweisen Überlassung von einer darauf spezialisierten Gesellschaft geleast werden. In diesem Falle erwirtschaftet das Leasingobjekt über den generierten Cash-Flow selbst die fälligen Raten. Der Leasinggeber, der im Falle der Insolvenz des Leasingnehmers ein Aussonderungsrecht hat, verfügt regelmäßig über Kenntnisse der Finanz-, Güter- und Sekundärmärkte (z.B. für Gebrauchtwagen oder genutzte Industrieanlagen). Obschon die kumulierten Leasingraten deutlich höher als die Anschaffungsausgaben für das Objekt ausfallen, kann Leasing vorteilhaft sein, weil es ggf. Kreditspielräume für andere Wachstumsinvestitionen belässt. Letztlich fließen aber alle vertraglichen Verpflichtungen einer Unternehmung in Form der Kreditsubstitute in die Beurteilung ihrer Bonität ein.
Literatur
Perridon, L./Steiner, M./Rathgeber, A., Finanzwirtschaft der Unternehmung, 16. Aufl., München 2012. Schirmeister, R., Kreditkontrakte, in: Das Wirtschaftsstudium, WISU-Studienblatt, 25. Jg., H. 4/1996.
Ersteinstellender Autor
Univ.-Prof. Dr. Raimund Schirmeister, [1], [2], Tel.: 0211-81-14655.