Forecasting: Unterschied zwischen den Versionen
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• Einsatz von Trends und Statistiken | • Einsatz von Trends und Statistiken |
Version vom 30. Juli 2014, 11:37 Uhr
Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung
Der Forecast ist als Steuerungsinstrument im heutigen dynamischen und volatilen Unternehmensumfeld fest etabliert. Für die Gestaltung existieren vielfältige Ansätze und Instrumente. Neben einer Einordung des Forecasts in den Gesamtsteuerungsprozess und der Gestaltung von grundsätzlichen Ausprägungen werden die in der Praxis relevantesten Teilinstrumente vorgestellt.
• Einsatz von Trends und Statistiken
• Fokus auf Effekte und Maßnahmen
• Fokus auf Werttreiber
Der Einsatz dieser Instrumente ist grundsätzlich bei unterschiedlichen Ausprägungen des Forecastprozesses möglich. Ziel bei der Wahl und Gestaltung sollte sein, schnelle Forecasts in hinreichend hoher Qualität zu ermöglichen. Dazu kann jedes Instrument für sich allein, zwei oder auch alle drei der vorgestellten Instrumente zusammen eingesetzt werden, um den Forecastprozess passend für den jeweiligen Kontext optimal auszurichten.
Je nach Ausgestaltung ist in vielen Fällen der Einsatz einer professionellen Softwarelösung sinnvoll, weil die Anforderungen aus Komplexität des Unternehmens und notwendiger Funktionalität der Instrumentenwahl damit erfahrungsgemäß leichter zu beherrschen sind.
Einordnung und Grundlagen zur Gestaltung
Grundsätzlich wird der Forecast selbst als ein Instrument der unterjährigen Unternehmenssteuerung eingesetzt. Er soll im Regelfall Aussagen zur Erreichbarkeit der vorhandenen Ziele geben bzw. Handlungsbedarf aufzeigen. Damit ergänzt er weitere Instrumente wie die strategische oder operative Planung. Um seine Zielsetzung zu erfüllen, sind grundlegende Ausprägungen bei der Gestaltung des Forecastprozesses unabhängig von den weiter verwendeten Instrumenten festzulegen.
Ausprägung des Forecasts Bei der Ausprägung des Forecastprozesses werden diverse Gestaltungsparameter abhängig von der jeweiligen Aufgabe (Vertriebs-, Unternehmens-, Finanzforecast, etc.) festgelegt:
• Integration in die Steuerung (Prozess, Beteiligte, Durchsetzung Führungsanspruch, …)
• Inhalte und Umfang (Absatz, Kosten, Finanzergebnis, …)
• Häufigkeit (monatlich, quartalsweise, ad-hoc, …)
• Art (Periodenfixiert, rollierend, teilrollierend)
• Horizont (Jahresende, 5 Quartale, 3 Monate, …)
• Detailtiefe (Produktgruppe, Kurz-GuV, …)
• Vergleichsbasis (Plan vs. Forecast, IST vs. Forecast, …)
Insbesondere durch die Festlegung der Detailtiefe, angepasst an den Steuerungsbedarf, wird ein großer Einfluss auf die Effizienz des Forecasts genommen. Erfahrungsgemäß ist ein Forecast auf einer aggregierten Ebene schneller zu erstellen und meistens auch noch prognosesicherer. Zudem reduziert sich der Aufwand in den nachfolgenden Abstimmprozessen ebenfalls deutlich, weil bei Bedarf zu erfolgende Anpassungen nicht erst auf der Detailebene diskutiert und abgebildet werden müssen. Darüber hinaus ist die Detailtiefe relevant für den optimalen Einsatz der nachfolgend beschriebenen Instrumente.
Neben der Detailtiefe hat auch der Einsatz von entsprechender Software (=Automatisierung) einen hohen Einfluss auf die Effizienz.
Automatisierung Der Einsatz einer spezifischen IT-Lösung für den Forecastprozess erfüllt verschiedene Funktionen. Als grundlegende Funktionalität können die Daten einfacher zentral zusammengeführt und für das Forecasting zur Verfügung gestellt werden. Ein wesentlicher Vorteil ist dabei die Sicherstellung der Datenkonsistenz. Darüber hinaus bietet moderne Planungs-Software weitere Funktionalitäten, um die Forecasterstellung zu verbessern, wie die Erstellung von Vorschlagswerten (z.B. Übertrag Vorjahr), Saisonalisierung oder die Erstellung von Überleitungen (Brücken).
Diese Funktionen alleine führen bereits zu einer deutlichen Erleichterung in Forecastprozessen. Vor allem aber bietet eine professionelle Softwarelösung auch oft die hinreichenden Voraussetzungen, um die nachfolgenden Instrumente adäquat einsetzen zu können.
Instrumente im Forecastprozess
In der Praxis finden derzeit vor allem Instrumente Anwendung, die die Erstellung des Forecasts in Sinne eines Vorschlags und zusätzlich die Fokussierung auf die wesentlichen Werttreiber und Verän-derungen der Geschäftsentwicklung unterstützen. Für Vorschlagswerte kann der Einsatz von Trends und Statistiken auf Basis vorhandener Daten angewendet werden. Die Fokussierung und Erhöhung der Transparenz wird unterstützt durch die Ausrichtung auf Treiber und Effekte bzw. die Integration von Maßnahmen. Diese Ansätze werden im Folgenden vorgestellt.
Einsatz von Trends und Statistiken Der Einsatz von Trends und Statistiken im Forecast beruht auf der Nutzung bereits vorliegender Daten, z.B. Ist-Daten oder Budget-Daten. Auf Basis dieser Daten gibt es dann verschiedene mathematische Ansätze, um zukünftige Perioden als Vorschlagswert zu ermitteln. Diese beruhen grundsätzlich auf der Fortschreibung der Ist-Entwicklung, teilweise auch unter Berücksichtigung von Budgetdaten. Eine Verfeinerung, z.B. hinsichtlich Saisonalisierung, erfolgt durch den Rückgriff auf eine längere Zahlen-reihe der Vergangenheit (z.B. 3 Jahre), um eine qualitativ hochwertige Aussage für die Zukunft abzu-leiten (Clasen, 2012). Denkt man an die Versicherungsbranche mit ihren versicherungsmathematischen Modellen wird schnell klar, dass es sich grundsätzlich um äußerst leistungsfähige und effiziente Ansätze handelt. Diese setzen allerdings voraus, dass es bestimmte Muster gibt, die fortschreibbar sind. Im volatilen Umfeld kann dieser Ansatz auch Schwächen haben, wenn z.B. eine nie dagewesene Marktabschwächung mit nachfolgender schneller Erholung wie in den Jahren 2008/2009 abgebildet werden muss.
Grundsätzlich ersetzt diese Art der Vorbefüllung auch nicht einen Forecastersteller, sondern nimmt diesem nur Arbeit ab. Große Teile der Datenbestände müssen nicht mehr zwangsläufig manuell ange-fasst werden. Lediglich dort, wo abweichendes Wissen über die Zukunft vorhanden ist, wird manuell angepasst. In der Regel werden dazu wesentliche Steuerungsgrößen (z.B. Hauptländer, Kernmarken) definiert, die dann manuell geprüft werden. Damit kann zusammen mit der Festlegung der Planobjekte der Forecast deutlich vereinfacht werden.
Durch die Kopplung von Trends und Statistiken mit anpassbaren Planprämissen kann die Flexibilität des Systems weiter erhöht werden. Durch die manuelle Änderung einzelner Prämissen können große Teile des Datenbestandes einfach anpasst werden. Verändert sich ein globaler Parameter anders als vorgesehen (z.B. Ölpreis bei einem Chemieunternehmen), wird nur dieser Parameter geändert und alle anderen Werte werden automatisch korrigiert. So kann zentral vorliegendes Wissen mit wenig Aufwand abgebildet werden. Gerade bei so einem Vorgehen ist allerdings die Kommunikation der Beteiligten untereinander wichtig und muss klar definiert werden z.B. über eine System-Benachrichtigung.
Fokus auf Effekte und Maßnahmen Ziel des effektebasierten Forecasts ist es, manuell lediglich große Veränderungen zu prognostizieren, die als Delta zur erwarteten Entwicklung stehen. Dem Forecastersteller wird dazu im Regelfall ein automatisierter Vorschlag als Basis zur Verfügung gestellt. Dieser Vorschlag besteht aus Ist-Werten und möglichen Zukunftswerten, die in Summe einen Basis-Forecast darstellen. Die Zukunftswerte werden dabei nach vorher definierten Regeln berechnet, z.B. als Trendfortschreibung oder unter Ver-wendung von Budgetwerten. Der Forecastersteller gibt nun alle Sachverhalte, die sog. Effekte oder auch Maßnahmen, an, die begründete Abweichungen von dem Basis-Forecast darstellen. Damit wird durch diese Effekte auch direkt die Vergleichsbrücke zur Referenz erstellt wie in Abb. 1 dargestellt (Becker/Leyk/Riemer, 2013). Unter Effekte fallen damit sowohl nicht oder kaum beeinflussbare Ereignisse (z.B. Wegfall Patent, Markteintritt Wettbewerber) als auch beinflussbare Ereignisse im Sinne von Maßnahmen (z.B. Aufbau Vertriebsmannschaft, Kürzung Fernsehwerbung).
Abb. 1: Effektebasierter Forecast
Im Rahmen der Diskussion mit der Unternehmensleitung wird so, auch über mehrere Führungsebenen hinweg, transparent, was die Ursachen für Zielabweichungen sind, und welche Maßnahmen für ein adäquates Gegensteuern vorgesehen sind. Durch die Definition von Schwellwerten (Berücksichtigung der Relevanz von Effekten), kann sichergestellt werden, dass der Fokus auf Wesentliches erhalten bleibt. Analog zu den Effekten können so auch Chancen und Risiken abgebildet und abhängig von der Einschätzung im Forecast berücksichtig werden. Der Vorteil dieser Methode besteht darin, die Organisation auf große Effekte zu fokussieren sowie diese transparent und berichtsfähig zu machen. Dadurch erhöht sich die Geschwindigkeit und Effizi-enz der Abstimmprozesse deutlich. Darüber hinaus können organisatorische Einheiten, insbesondere diejenigen, die nur geringe Abweichungen vom Ziel haben, ihren Aufwand deutlich reduzieren. Diese Methode wird u.a. in großen komplexen Organisationen mit vielen Beteiligten und umfangreichen Abstimmprozessen verwendet.
Effekte erfüllen dabei mehrere Ziele:
• Fokussierung auf Steuerungsrelevanz
• Verkürzung der Erstellungs- und Abstimmdauer
• Reduzierung von Erstellungsaufwand
Fokus auf Werttreiber Ziel des werttreiberbasierten Forecasts ist es, eine valide Vorhersage durch den Fokus auf wenige Kennzahlen zu erhalten. Dabei setzt der Ansatz ähnlich wie der effektebasierte Forecast auf einem Basisvorschlag auf. Allerdings wird im Weiteren die Entwicklung zuvor definierter relevanter Geschäftstreiber (z.B. Menge, Preis, Personalkosten) betrachtet bzw. für die künftige Entwicklung festgelegt (Borkenhagen/Kappes, 2013). Auf Basis der (manuellen) Vorhersage dieser Werttreiber errechnet sich damit der Forecast für die relevanten Kennzahlen des Unternehmens (z.B. GuV, EBIT, EVA). Der Einsatz eines treiberbasierten Forecasts eignet sich besonders in Verbindung mit einer treiberbasierten Planung. Beide Steuerungsprozesse beruhen in dem Fall auf dem gleichen Instrument, dass damit durchgängig eingesetzt wird. Durch den Vergleich mit dem geplanten Wert eines Werttreibers können damit auch direkt kritische Entwicklungen aufgezeigt werden, wie schematisch in Abb. 3 dargestellt.
Abb. 2: Schematisches Treibermodell
Daneben ist es grundsätzlich auch möglich, den treiberbasierten Forecast um Effekte und Maßnahmen zu ergänzen.
Für die Werttreiber sind folgende Empfehlungen zu beachten:
• Treiber sollen den Geschäftsschwerpunkt widerspiegeln (z.B. Regionen, Marken, ...)
• Treiber sollen mathematisch mit der Ergebnisrechnung verbunden sein
• Treiber sollen 80-90% der Entwicklungen abdecken
• Ist-Werte der Treibergrößen sollen möglichst systemseitig ableitbar sein
Diese Werttreiber können noch um weitere, sogenannte strategische Treiber ergänzt werden, die keine direkte mathematische Verbindung zur Ergebnisrechnung haben (z.B. Entwicklung Wettbewerb, Politische Vorgaben, Marktanteil), deren Entwicklung aber erklären. Erfahrungsgemäß variieren die Treibermodelle in Abhängigkeit von Branche, Geschäftsmodell und Unternehmensorganisation, d.h. jedes Unternehmen benötigt sein eigenes maßgeschneidertes Modell.
Literatur
Becker, A./ Leyk, J./ Riemer, L.: Dynamische Unternehmenssteuerung am Beispiel von Bayer MaterialScience, in: Gleich, R. et al. (Hrsg.): Moderne Budgetierung umsetzen, Der Controlling-Berater, Bd. 27, Freiburg/München, 2013, S. 121-142.
Borkenhagen, B./Kappes, M.: Moderne Konzernplanung als Basis für eine aktive Konzernsteuerung, in: Gleich, R. et al. (Hrsg.): Moderne Budgetierung umsetzen, Der Controlling-Berater, Bd. 27, Frei-burg/München, 2013, S. 143-156.
Clasen, M.: Vom Urknall zur Prognose, in: Buttkus, M./Neugebauer, A. (Hrsg.): Controlling im Handel, Wiesbaden, 2012, S. 141-158.
Ersteinstellende Autoren
Lars Riemer, Horváth & Partners Management Consultants, [lriemer@horvath-partners.com]
Jörg Leyk, Horváth & Partners Management Consultants, [jleyk@horvath-partners.com]