Liquiditätsplanung: Unterschied zwischen den Versionen
Aus ControllingWiki
Achtung. Sie nutzen eine nicht mehr unterstützte Version des Internet Explorer. Es kann zu Darstellungsfehlern kommen. Bitte ziehen Sie einen Wechsel zu einer neueren Version des Internet Explorer in Erwägung oder wechseln Sie zu einer freien Alternative wie Firefox.[geprüfte Version] | [geprüfte Version] |
(Eine dazwischenliegende Version von einem anderen Benutzer wird nicht angezeigt) | |||
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
+ | ''Prüfsiegel gültig bis 2025'' | ||
+ | |||
== Zusammenfassung == | == Zusammenfassung == | ||
Zeile 92: | Zeile 94: | ||
René Linsner, [mailto:rlinsner@horvath-partners], +49 (0) 160 367 0699 | René Linsner, [mailto:rlinsner@horvath-partners], +49 (0) 160 367 0699 | ||
− | [[Kategorie: | + | [[Kategorie:Operative Planung und Budgetierung]] |
Aktuelle Version vom 13. September 2019, 14:13 Uhr
Prüfsiegel gültig bis 2025
Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung
Die Liquiditätsplanung beschreibt im Gegensatz zur kurzfristigen Liquiditätsdisposition (tagesgenaue Liquiditätsteuerung) die mittelfristige Liquiditätsentwicklung über die nächsten Monate und ggf. sogar Jahre im Falle der strategischen Liquiditätsbedarfsplanung. Für die Durchführung der Liquiditätsplanung stehen grundsätzlich zwei Methoden zur Verfügung, die direkte Ermittlung auf Basis erwarteter Zahlungsströme (z.B. abgeleitet aus Fälligkeitslisten oder Zahlungsplänen), sowie die indirekte Ermittlung, auf Basis von Erfolgsrechnung und Bilanz. Während die direkte Ableitung der geplant benötigten Liquidität häufig mit hohem Aufwand verbunden ist und immer wieder an der verfügbaren Informationen scheitert, ist die indirekt abgeleitete Liquiditätsplanung relativ schnell erstellt aber tendenziell auch sehr ungenau. In der Praxis kommen daher häufig kombinierte Verfahren vor, welche z.B. Fälligkeitslisten und Zahlungspläne in Kombination mit abgeleiteten Planinformationen (z.B. Lohn- und Gehaltszahlungen) nutzen. Über eine rollierende Liquiditätsplanung kann die planerische Qualität, aufgrund des regelmässigen (z.B. quartalsweisen Reviewprozesses) weiter gesteigert werden.
Ausgestaltung der Liquiditätsplanung
Idealerweise setzt die Liquiditätsplanung auf der Liquiditätsdisposition auf und findet in einem rollierenden Prozess regelmässig statt. Der zeitliche Horizont der Liquiditätsplanung ist damit nicht auf das aktuelle Kalenderjahr beschränkt sondern umfasst die nächsten 12 Monate, die dann quartalsweise aktualisiert werden. Um den Übergang von der Liquiditätsdisposition fliessend zu gestalten bietet es sich an den jeweils ersten Monat oder das erste Quartal (je nach rollierendem Prozess) des Liquiditätsplans wochengenau auszuplanen.
Ausgangspunkt für die Liquiditätsplanung sind die Ist-Werte der verfügbaren Liquidität zum Periodenanfang (Liquiditätsbestand vom letzten Kalendertag des Vormonats). Diese Position beinhaltet normalerweise die Positionen Banken/Kasse und Cash-Pool, falls Intercompany-Liquiditätsverbindungen bestehen. Darauf aufbauend werden die nächsten Wochen des ersten Monats oder des ersten Quartals, sowie die weiteren verbleibenden Monate geplant. Für die Planung des ersten Monats oder Quartals kann z.B. auf Fälligkeitslisten aus den Debitoren- und Kreditorensystemen zugegriffen werden, um die Ein- und Auszahlungen abzuschätzen. Die Planung der weiteren Monate erfolgt dann auf Basis der erwarteten Fälligkeitsentwicklung, basierend auf Planumsätzen und Planaufwänden, sowie Daten des Vertrags- und Projektmanagements (z.B. Zahlungspläne - soweit relevant oder verfügbar). Weiterhin können historische Zahlungskurven bzw. Zahlungsverhalten herangezogen werden und statistisch extrapoliert werden.
Die Liquiditätsplanung umfasst üblicherweise fünf wesentliche Teile, die sich an der Struktur der Kapitalflussrechnung orientieren:
1. Verfügbare Liquidität zum Periodenanfang (Liquiditätsbestand Banken/Kasse und Cash-Pool zum Periodenanfang)
2. Cash Flow aus operativer Geschäftstätigkeit
3. Cash Flow aus Investitionen
4. Cash Flow aus Finanzierung
5. Ergebnis ist die verfügbare Liquidität am Periodenende (Summe der Positionen 1-4)
Neben der verfügbaren Liquidität am Periodenende (positiver Liquiditätsbestand) empfiehlt es sich auch die potentiell verfügbare Liquidität gesondert auszuweisen. Die potentiell verfügbare Liquidität Umfasst den positiven Liquiditätsbestand am Periodenende zuzüglich bestätigter Kreditlimiten bei Banken.
Die Zeilenstruktur für den Liquiditätsplan (Positionen 1-4 aber insbesondere innerhalb Position 1 oben), also die einzelnen Zeilen nach denen Einzahlungen und Auszahlungen geplant werden, leitet sich aus dem Geschäftsmodell des Unternehmens ab. Für die Zu- und Abflüsse liquider Mittel aus operativer Geschäftstätigkeit können die Einzahlungen z.B. nach den grossen Umsatzblöcken getrennt werden. Die Auszahlungen lassen sich z.B. nach betrieblich wichtigen Auszahlungen wie z.B. Material, Mieten, Personalzahlungen und nicht betrieblichen Auszahlungen (Ertragssteuern, Mehrwertsteuer etc.) unterteilen. Beim Mittel-Zu- und Abfluss aus Investitionen sind z.B. (falls relevant) die Zahlungsströme der grossen Projekte separat zu planen, während kleinere Projekte zusammengefasst werden. Die Liquiditätsveränderung resultierend aus Finanzierungen umfasst u.a. Dividendenzahlungen, Mittelaufnahme und Mittelrückzahlung berücksichtigt in der Zeilenstruktur aber ebenfalls die wichtigen Positionen und fasst sonst Informationen zusammen.
Empfehlenswert ist es, so wenige Einzelpositionen wie möglich zu definieren und zu planen um den Aufwand möglichst gering zu halten und eine bessere Übersicht zu ermöglichen. Dennoch sollten zumindest so viele Zeilen vorgesehen werden, das zum einen Liquiditätseffekte mit hoher Unsicherheit (was die Ein- oder Auszahlung betrifft) transparent gehalten werden, sowie wesentliche Liquiditätstreiber (der Höhe nach) sichtbar werden.
Je nach Position ist dann für die Berechnung eine Extrapolation (z.B. Gehaltszahlungen), eine Durchschnittsplanung (z.B. Zinszahlungen) oder eine Einzelplanung der Zahlungsströme (z.B. Investitionsplanung) angebracht.
Der rollierende Liquiditätsplanungsansatz ermöglicht, dass Informationen zur Liquiditätsentwicklung kontinuierlich aktualisiert vorliegen und “Sprünge” in der Liquiditätsentwicklung vor dem Hintergrund der langfristigen Entwicklung vermieden werden („Hockey Stick Effekt“).
Typische Aufgaben zur Einführung einer Liquiditätsplanung
Für die Einführung einer Liquiditätsplanung, sind wesentliche Aspekte im Konzept zu definieren, bevor mit der praktischen Umsetzung gestartet werden kann:
• Beschreibung der Elemente der Liquiditätsplanung und der benötigten Sichten (z.B. Liquidität aufgeteilt nach Gesellschaften, Plan-/Ist-Vergleiche etc.)
• Klärung der Inhalte der Liquiditätsplanung (inhaltliche Ausprägung der Zeilen, Herkunft der Daten etc.)
• Beschreibung erforderlicher Berichte und Erfassungstemplates
• Beschreibung des Planungsprozesses und der notwendigen organisatorischen Verankerung, insbesondere Festlegung der gesamtverantwortlichen Person
• Ausprägung wesentlicher technischer Rahmenparameter (Datenmodell, Stammdaten, Nennung der Schnittstellen, Berechtigungen etc.)
• Beschreibung einer sinnvollen Systemarchitektur, welche insbesondere in das Gesamtkonzept der jeweiligen Systemausgestaltung eines Unternehmens passt
Verzahnung von Ergebnis- und Liquiditätsplanung
In der Praxis sind die Ergebnis- und Liquiditätsplanung zwar elementare Bestandteile des Finanzwesens, häufig funktionieren beide aber nicht ausreichend integriert. Wird der Fokus nur auf die Ergebnisseite gelegt, droht eine Fehlsteuerung. Die Folgen der Fehlsteuerung können eine „zu hohe“ Liquidität sein oder im entgegengesetzten Extremfall in die Illiquidität führen. Während ersteres zumindest eine ineffiziente Nutzung der Finanzmittel bedeutet und opportunitätskosten verursacht, bedeutet letzteres das Aus für Unternehmen. Durch ein effektives Liquiditäts-Management lässt sich die verfügbare Liquidität jedoch gezielt steuern, wofür die Liquiditätsplanung natürlich der zentrale Stellhebel ist. Für eine optimale Verzahnung mit der Ergebnissteuerung ist die Liquiditätsplanung mit dem Controlling-Regelkreislauf (Planung, Reporting und Steuerung) verzahnt. Dies gelingt über folgende Ansätze:
• Plausibilisierung und Überleitung der Ergebnisse der Budgetierung mit der rollierenden Liquiditätsplanung zur Sicherstellung einer konsistenten Planung. Hier sind insbesondere die Periodeneffekte zu berücksichtigen.
• Ergebnis- und Liquiditätskennzahlen und deren Werttreiber sollten als zentraler Bestandteil der Zielvereinbarungen verankert werden. Liquiditätskennzahlen können zum Beispiel in Kombination mit Ergebniskennzahlen nach dem Prinzip einer Ober- oder Untergrenze definiert werden, während das Ergebnis maximal hoch sein darf und die Kosten minimal niedrig.
• Plan-/Ist-Liquiditäts-Vergleiche und regelmässige Abweichungsanalyse und Ergreifung frühzeitiger, zielgerichteter Gegenmassnahmen bei Abweichungen zum Plan
• Klare Definition der Aufgaben von Treasury und Controlling. Steuerungsmassnahmen sollten in Regelterminen zwischen Treasury und Controlling abgestimmt werden. Integrierte Berichtskalender und Prozesse helfen den Abstimmprozess erfolgreich zu gestalten.
Literatur
Bea, F.X./Dichtl, E./Schweitzer, M.,Allgmeine Betriebswirtschaftslehre, Band 2: Führung, Stuttgart, 1993.
Denkinger, M./Oetiker, L./Boppart, A./Linsner, R./Sodies, J., Einführung der Liquiditätsplanung in einem internationalen Konzern, in Gleich, R./Klein, A. (Hrsg.), Der Controlling-Berater Band 15, München 2011, S. 213 - 230.
Horváth, P., Controlling, 7. Aufl., München 1998.
Klinger, O./Hornstei, J., Die Inhouse Bank in einem global operierenden Industrieunternehmen, in Seethaler, P./Steitz, M. (Hrsg.), Praxishandbuch Treasury-Management, 1. Aufl., Wiesbaden 2007.
Michaelis, M./Million,C./Portermann, M., Optimierung des Zahlungsverkehrs mit SAP® In-House Cash, 2. Aufl., Bonn 2009.
Poggensee, J./Hoeren, D./Linsner, R./Drumm, A., Effizientes Cash Managenement mit Inhouse Bank und Payment Factory bei der Deutschen Telekom AG, in: Gleich, R./Horváth, P. /Michel, U. (Hrsg.), Finanz-Controlling, München 2011, S. 121-139.
Pfaff, D./Skiera, B./Weiss, J., Financial Supply Chain Management, 1. Aufl., Bonn 2004.
Perridon. L./Steiner, M, Finanzwirtschaft in der Unternehmung, 10. Aufl., München 1999.
Sabine Reifenberger, „Streit um den Cash Pool“, Zeitschrift „Der Treasurer“, Financial Gates GmbH (Hrsg.), Ausgabe 20, 20. Oktober 2011.
Michaelis/Million/Portermann, Optimierung des Zahlungsverkehrs mit SAP® In-House Cash, 2009.
Bürgers/Körper, Heidelberger Kommentar zum Aktiengesetz, 2008. Back, Corporate cash Management: Strategy and practice, 1997.
Gehrke/Steiner, Handwörterbuch des Bank- und Finanzwesens, 2001. Deutsches Institut für Interne Revision e. V., Revision des Finanzwesens, 2006.
Ersteinstellender Autor
René Linsner, [1], +49 (0) 160 367 0699