Ökonomischer Gewinn: Unterschied zwischen den Versionen
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Mitte der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts wurde im angelsächsischen Raum Theorie und Praxis der „wertorientierten Unternehmensführung“ entwickelt. In die-sem Kontext entstand auch das Konzept des „ökonomischen Gewinns“ – es wurde 1990/91 von der Unternehmensberatung Stern Stewart & Co unter dem markenrechtlich geschützten Namen „Economic Value Added (EVA™)“ in die Praxis eingeführt und breitete sich relativ schnell auch in Europa aus. Die Siemens AG z.B. entwickelte auf dieser Basis ihr eigenes Konzept des „Geschäftswertbeitrags (GWB®)“. Heute gilt die Idee des ökonomischen Gewinns vor allem bei kapitalmarktorientierten Unternehmen als fest etabliert. | Mitte der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts wurde im angelsächsischen Raum Theorie und Praxis der „wertorientierten Unternehmensführung“ entwickelt. In die-sem Kontext entstand auch das Konzept des „ökonomischen Gewinns“ – es wurde 1990/91 von der Unternehmensberatung Stern Stewart & Co unter dem markenrechtlich geschützten Namen „Economic Value Added (EVA™)“ in die Praxis eingeführt und breitete sich relativ schnell auch in Europa aus. Die Siemens AG z.B. entwickelte auf dieser Basis ihr eigenes Konzept des „Geschäftswertbeitrags (GWB®)“. Heute gilt die Idee des ökonomischen Gewinns vor allem bei kapitalmarktorientierten Unternehmen als fest etabliert. | ||
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− | Der ökonomische Gewinn (EVA™ / GWB®) berücksichtigt die Entwertung („Abnutzung“) des eingesetzten Kapitals (bzw. des entsprechend auf der Aktivseite gebundenen Vermögens) – dafür wird der Begriff der „Kapitalkosten“ benutzt, weil die Kapitaleigner in diesem Maße Risiken eingehen und ihnen dementsprechend Zinsen zu zahlen sind. Man spricht daher auch von „risikoadäquater“ Kapitalverzinsung (vgl. | + | Der ökonomische Gewinn (EVA™ / GWB®) berücksichtigt die Entwertung („Abnutzung“) des eingesetzten Kapitals (bzw. des entsprechend auf der Aktivseite gebundenen Vermögens) – dafür wird der Begriff der „Kapitalkosten“ benutzt, weil die Kapitaleigner in diesem Maße Risiken eingehen und ihnen dementsprechend Zinsen zu zahlen sind. Man spricht daher auch von „risikoadäquater“ Kapitalverzinsung (vgl. [[Free Cash Flow]]). Der ökonomische Gewinn gibt an, ob die erwirtschafteten Überschüsse ausreichen, die Entwertung auszugleichen. Erst ab diesem Punkt, kann man tatsächlich (im ökonomischen Sinne) von Gewinn sprechen. Das ist ein kluger Ansatz, weil er nicht nur das laufende Geschäft sondern auch die Entwicklung des investierten Vermögens berücksichtigt: |
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Aktuelle Version vom 3. Februar 2022, 15:10 Uhr
Prüfsiegel gültig bis 2025
Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung
Mitte der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts wurde im angelsächsischen Raum Theorie und Praxis der „wertorientierten Unternehmensführung“ entwickelt. In die-sem Kontext entstand auch das Konzept des „ökonomischen Gewinns“ – es wurde 1990/91 von der Unternehmensberatung Stern Stewart & Co unter dem markenrechtlich geschützten Namen „Economic Value Added (EVA™)“ in die Praxis eingeführt und breitete sich relativ schnell auch in Europa aus. Die Siemens AG z.B. entwickelte auf dieser Basis ihr eigenes Konzept des „Geschäftswertbeitrags (GWB®)“. Heute gilt die Idee des ökonomischen Gewinns vor allem bei kapitalmarktorientierten Unternehmen als fest etabliert.
Worum geht es?
Der ökonomische Gewinn (EVA™ / GWB®) berücksichtigt die Entwertung („Abnutzung“) des eingesetzten Kapitals (bzw. des entsprechend auf der Aktivseite gebundenen Vermögens) – dafür wird der Begriff der „Kapitalkosten“ benutzt, weil die Kapitaleigner in diesem Maße Risiken eingehen und ihnen dementsprechend Zinsen zu zahlen sind. Man spricht daher auch von „risikoadäquater“ Kapitalverzinsung (vgl. Free Cash Flow). Der ökonomische Gewinn gibt an, ob die erwirtschafteten Überschüsse ausreichen, die Entwertung auszugleichen. Erst ab diesem Punkt, kann man tatsächlich (im ökonomischen Sinne) von Gewinn sprechen. Das ist ein kluger Ansatz, weil er nicht nur das laufende Geschäft sondern auch die Entwicklung des investierten Vermögens berücksichtigt:
Der ökonomische Gewinn bietet einen geeigneten Rahmen für ein integriertes Controlling-System aller Führungsprozesse eines Unternehmens. Auf seiner Basis lassen sich betriebliche Steuerungsgrößen („Werttreiber“) mit den finanziellen Kategorien der Rechnungslegung verknüpfen. Die stimmige – d.h. für die Beteiligten nachvollziehbare, handhabbare und bedeutsame – Auswahl der einbezogenen Bewertungs-Methoden, Instrumente und Kennzahlen, ihre transparente Einbindung in die Zielfindung und Planung sowie ihre Verankerung im Berichtswesen des Unternehmens spielen dafür eine wichtige Rolle. Insbesondere Kennzahlen mit großer Bedeutung für das Volumen des Ökonomischen Gewinns und einer signifikanten Beeinflussbarkeit durch die Mitarbeiter sollten hierbei im Vordergrund stehen. Eine spezifische Aufschlüsselung auf die einzelnen Bereiche und Abteilungen sowie das enge Zusammenwirken aller Professionen im Unternehmen ist wünschenswert. Schließlich kann durch eine geeignete Darstellung das breite Verständnis für die betriebswirtschaftlichen Zusammenhänge verbessert werden:
In der Theorie werden für die Berechnung des Ökonomischen Gewinns modifizierte („adjustierte“) Größen verwendet, um Unzulänglichkeiten der betrieblichen Rech-nungslegung auszugleichen. Man spricht vom angepassten Periodenergebnis vor Zinsen und nach Steuern („Net Operating Profit after Taxes“ = NOPAT) und den Kapitalkosten auf das bereinigte, zu Periodenbeginn vorhandene (d.h. für die Erwirtschaftung des NOPAT eingesetzte) investierte Vermögen des Unternehmens:
Die vier Klassen der Adjustierungen
Die Adjustierungen (Anpassungen) sind vielfältig. Sie umfassen vier Klassen:
- Operative Anpassungen (Operating Conversions):
das Ergebnis der betrieblichen Tätigkeit wird von allen außerbetrieblichen Verzerrungen bereinigt und das nicht betriebsnotwendige Vermögen eliminiert;
- Finanzierungs-Anpassungen (Funding Conversions):
versteckte Finanzierungen wie z. B. Leasing oder Miete für wie Eigentum genutzte Sachanlagen werden angepasst;
- Anpassungen von Vermögen und Schulden (Shareholder Conversions):
hier wird insbesondere selbst erstelltes immaterielles Vermögen berücksichtigt (Forschungsergebnisse, Marken, Kundenbeziehungen etc.), das nach den Regeln der Rechnungslegung nicht erfasst wurde; außerdem erfolgt eine Anpassung der Schulden und Vermögensgegenstände an Marktwerte;
- Steuerliche Anpassungen (Tax Conversion):
die Steuerlast wird angepasst, um eine Fiktion der Eigenkapitalfinanzierung zu erreichen. Kritiker bezweifeln allerdings, dass diese vielfältigen und komplexen „Conversions“ in der Praxis wirklich hilfreich sind. Das „theoretisch Exakte“ ist in seiner Anwendung nicht notwendigerweise genau. Oft können die betreffenden Korrektur-Daten nur schwer beschafft werden oder stellen willkürliche Schätzwerte dar. Dann sind auch die darauf aufbauenden Berechnungen mit entsprechenden Fehlern behaftet.
Gleichzeitig sind für viele Unternehmen die Kapitalkosten nicht realistisch ermittelbar, weil keine ausreichenden Informationen über die risikoadäquate Kapitalverzinsung zur Verfügung stehen. Insbesondere die exponentiell steigenden Risiken infolge unterlassener Instandhaltung und Modernisierung werden nicht angemessen erfasst. Das gilt ebenso für die Berücksichtigung strategischer Abhängigkeiten bei zu hoher Verschuldung oder einseitiger Bindung an wenige Kunden bzw. Lieferanten. Wenn aber Risiken zu niedrig erfasst werden, täuscht die Rechnung einen ökonomischen Gewinn vor, obwohl auf Kosten der Substanz oder übermäßig auf Pump oder unter dem Damoklesschwert einseitiger Abhängigkeit gewirtschaftet wird. Sowohl die vielen Korrekturen als auch die intransparenten Risiken verwässern den an sich einfachen Grundgedanken des Ökonomischen Gewinns. Dementsprechend stehen vor allem mittelständische Unternehmen diesem Konzept eher skeptisch gegenüber. Um dem zu entgehen, werden in der Praxis einfache – wenn auch nur näherungsweise “richtige“ – Alternativen bevorzugt. Z.B. werden die vorliegenden Angaben der Rechnungslegung ohne größere Anpassungen genutzt; oder man berechnet die Entwertung des investierten Vermögens mithilfe des Saldos aus Abschreibungen und Zuschreibungen sowie der Veränderung des Working Capitals:
Diese Formel ist zwar nur eine grobe Näherung und ersetzt die Kapitalperspektive durch die Sicht auf das Vermögen; dem Grundgedanken des ökonomischen Gewinns wird sie dennoch gerecht. Darüber hinaus hat sie den Vorteil, dass sie auch dem finanzwirtschaftlichen Laien intuitiv verständlich ist: Das investierte Vermögen wird im Maße der Abschreibungen entwertet und durch Investitionen (in Abhängigkeit vom relativen Modernisierungsgrad) sowie ein verringertes Working Capital aufgewertet. Außerdem ist es für die meisten Menschen nicht akzeptabel, ihr Unternehmen wie eine Finanzanlage zu betrachten. Demgegenüber ist die Achtsamkeit für die Erhaltung des investierten Vermögens eher positiv belegt. Daher können derartige Näherungen dem theoretisch exakten Herangehen in der Praxis überlegen sein: Zum einen, wenn sie weniger Aufwand erfordern; zum anderen, wenn sie in ihrer Aussage unter Berücksichtigung der Fehler des „exakten“ Ansatzes nicht weniger „richtig“ sind; und vor allem, wenn sie sich den Menschen intuitiv besser erschließen.
Fazit
Zum Schluss aber sollte es zweitrangig sein, wie der Gedanke des Ökonomischen Gewinns in der Praxis realisiert wird. Seine vielen Vorteile liegen – im Unterschied zum Shareholder Value – so klar auf der Hand, dass es in jedem Fall empfehlens-wert ist, nach einer geeigneten Lösung für seine Umsetzung zu suchen.
Ersteinstellende Autoren
Walter Schmidt, www.scorecard.de [1]
Rainer Vieregge, www.4egge4you.de [2]