Gemeinkostenwertanalyse: Unterschied zwischen den Versionen
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Die Gemeinkostenwertanalyse (GWA) ist die für den deutschen Markt weiterentwickelte Form der Overhead Value Analysis (OVA). Die GWA wurde ebenso wie die OVA von der Unternehmensberatung McKinsey entwickelt und 1975 in Deutschland eingeführt (Roever, 1982). | Die Gemeinkostenwertanalyse (GWA) ist die für den deutschen Markt weiterentwickelte Form der Overhead Value Analysis (OVA). Die GWA wurde ebenso wie die OVA von der Unternehmensberatung McKinsey entwickelt und 1975 in Deutschland eingeführt (Roever, 1982). | ||
− | Die Entwicklung der GWA wird als Antwort auf die Veränderung der | + | Die Entwicklung der GWA wird als Antwort auf die Veränderung der Kostenstrukturen gesehen (Franz, 1995): Aus einer Verlagerung von direkten hin zu indirekten Tätigkeiten folgte ein Anstieg des Gemeinkostenanteils an den Gesamtkosten. Diesem konnte nach Auffassung der Entwickler der GWA durch bestehende Instrumente (etwa Pauschalkürzungen von Kostenstellenbudgets, Zero Base Budgeting oder Planning, Programming, and Budgeting System) nur unzureichend begegnet werden (Roever, 1982). |
Die GWA ist ein strukturiertes Verfahren zur Gemeinkostensenkung (Franz, 1995). Die Kostensenkung wird dabei ohne Nutzenverlust hinsichtlich des Unternehmensoutputs angestrebt (Franz, 1995): Sämtliche innerbetrieblich erbrachten Leistungen sollen einer sorgfältigen Prüfung unterzogen werden. Der Ansatz der produktbezogenen Wertanalyse wird somit auf die Gemeinkostenbereiche übertragen (Franz, 1995). Es ergeben sich ein Effektivitäts- und ein Effizienzziel (Coenenberg et al., 2012): | Die GWA ist ein strukturiertes Verfahren zur Gemeinkostensenkung (Franz, 1995). Die Kostensenkung wird dabei ohne Nutzenverlust hinsichtlich des Unternehmensoutputs angestrebt (Franz, 1995): Sämtliche innerbetrieblich erbrachten Leistungen sollen einer sorgfältigen Prüfung unterzogen werden. Der Ansatz der produktbezogenen Wertanalyse wird somit auf die Gemeinkostenbereiche übertragen (Franz, 1995). Es ergeben sich ein Effektivitäts- und ein Effizienzziel (Coenenberg et al., 2012): | ||
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Da der Output des Unternehmens nicht beeinträchtigt werden soll, wird sie als inputorientiertes Verfahren der Budgetvorgabe angesehen (Küpper et al., 2013). | Da der Output des Unternehmens nicht beeinträchtigt werden soll, wird sie als inputorientiertes Verfahren der Budgetvorgabe angesehen (Küpper et al., 2013). | ||
− | Im Gegensatz zur produktbezogenen Wertanalyse wird die GWA nicht von | + | Im Gegensatz zur produktbezogenen Wertanalyse wird die GWA nicht von einzelnen Fachabteilungen durchgeführt (Roever, 1982): Die Träger sind die Leiter der Funktionsbereiche, die die indirekten Leistungen bereitstellen („Lieferanten“) und nutzen („Kunden“). Somit wird im Rahmen eines GWA-Projekts das gesamte mittlere Management für einen begrenzten Zeitraum mobilisiert. So soll das gesamte Geflecht innerbetrieblicher Leistungen transparenter gemacht werden. Mittels bewusst hoher Zielvorgaben soll die Kreativität gefördert werden. Aufgrund des Projektcharakters der GWA wird sie auch als aperiodisches Budgetierungsverfahren bezeichnet (Coenenberg et al., 2012). |
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Die GWA erfordert eine eigene Projektorganisation (Küpper et al., 2013). Die typischen Funktionsträger lassen sich unterteilen in Lenkungsausschuss, Projektleitung, Analyseteams und die Leiter der Untersuchungseinheiten (Coenenberg et al., 2012). Die Anforderungen an die Funktionsträger sowie deren jeweilige Aufgaben sind in Abb. 1 zusammengefasst. | Die GWA erfordert eine eigene Projektorganisation (Küpper et al., 2013). Die typischen Funktionsträger lassen sich unterteilen in Lenkungsausschuss, Projektleitung, Analyseteams und die Leiter der Untersuchungseinheiten (Coenenberg et al., 2012). Die Anforderungen an die Funktionsträger sowie deren jeweilige Aufgaben sind in Abb. 1 zusammengefasst. | ||
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+ | Neben diesen Funktionsträgern sollen die Personalabteilung und der Betriebs- bzw. Personalrat zur Wahrung von Informations- und Mitwirkungsrechten eingebunden werden. Insbesondere Projektleitung und Analyseteams werden regelmäßig durch externe Berater unterstützt. Diese Projektorganisation zielt darauf ab, sich die Ideen der einzelnen Mitarbeiter zunutze zu machen, wobei gruppendynamische Effekte bedeutend sind (Küpper et al., 2013). | ||
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+ | Ein detaillierter Zeitplan, in dem die einzelnen Abschnitte genau spezifiziert werden, sorgt in Kombination mit einer der „eisernen Regeln“ des GWA-Ansatzes, „keine Terminverschiebungen!“, für ein strukturiertes, fast pedantisches Vorgehen (Roever, 1982). Dieses gliedert sich in die drei Phasen Vorbereitung, Analyse und Realisierung. | ||
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+ | Die Vorbereitungsphase beinhaltet drei wesentliche Elemente (Coenenberg et al, 2012): | ||
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+ | Im Rahmen der Analysephase kann ein Analyseteam für maximal drei Untersuchungseinheiten zuständig sein (Franz, 1995). Diese Phase gliedert sich in vier Elemente mit einer Länge von je einer Woche, welche zusammen als „Takt“ bezeichnet werden (Franz, 1995): | ||
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+ | Zunächst werden sämtliche von einer Untersuchungseinheit erbrachten Leistungen an andere Unternehmenseinheiten erfasst (Coenenberg et al., 2012). Im Anschluss werden die Kosten jeder Leistung mit einem Verfahren geschätzt, das Ähnlichkeiten mit der Prozesskostenrechnung aufweist (Franz, 1995): Die einzelnen in der Untersuchungseinheit durchgeführten Aktivitäten werden Leistungen zugeordnet (hier und folgend Coenenberg et al., 2012). Die Arbeitszeiten einzelner Aktivitäten werden durch Selbstaufschreibungen in zeitlich beschränktem Rahmen ermittelt. Die gesamten Personalkosten einer Untersuchungseinheit werden anhand der Arbeitszeiten auf die Ausgangsleistungen verrechnet. Die weniger bedeutsamen Sachkosten werden anhand der Personalkosten proportionalisiert. Das Ergebnis ist ein Leistungskatalog mit zugehörigen Kosten je Bereich. | ||
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+ | Generieren von Einsparungsideen | ||
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+ | Die Leiter einer Untersuchungseinheit soll – gemeinsam mit den Abnehmern der Leistung – Einsparungsideen generieren. Hierbei werden Effektivität und Effizienz der Leistungen des erstellten Katalogs überprüft (hier und folgend Coenenberg et al., 2012). Konkrete Zielvorgabe ist – unabhängig von der am Ende tatsächlich erreichen Einsparung – eine Senkung der Kosten um 40% („Ideenhürde“). Hierdurch sollen auch vermeintlich unantastbare Leistungen infrage gestellt sowie möglichst kreative, auch unkonventionelle Einsparungsvorschläge erarbeitet werden. Eine Systematisierung von Einsparpotentialen bietet Abb. 2. | ||
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+ | • C-Ideen: nicht realisierbar. | ||
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+ | Während A-Ideen ohne Einschränkung realisierbar sind, bedürfen B-Ideen weiterer Abklärung. C-Ideen werden nicht realisiert. Eine mögliche Visualisierung bietet Abb. 3 (hier und folgend sowie zu alternativen Darstellungen Huber, 1987). Auf den Achsen sind Realisationsdauer und Realisationsrisiko abgetragen. Die Größe der Kreise zeigt das Einsparpotential. B-Ideen werden nicht positioniert, da weitere Abklärung erforderlich ist. Die Festlegung der Grenze zwischen A- und C-Ideen hängt von den unternehmensindividuellen Innovations- und Risikozielen ab. | ||
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+ | 3) Zusammenstellung von Aktionsprogrammen | ||
+ | Zur Vorbereitung der Realisierung werden die A-Ideen (plus evtl. Teile der B-Ideen) in detaillierten Aktionspaketen konkretisiert. Die Entscheidung über die tatsächliche Realisierung trifft der Lenkungsausschuss unter Beteiligung von Betriebs- bzw. Personalrat (Küpper et al., 2013). | ||
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+ | Realisierungsphase | ||
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+ | Nach Zustimmung durch den Lenkungsausschuss werden die vorgeschlagenen Aktionsprogramme umgesetzt. Dies kann innerhalb von zwei bis drei Wochen nach Einreichung der Vorschläge durch den Leiter der Untersuchungseinheit beginnen (Roever, 1982). | ||
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+ | == Würdigung == | ||
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+ | Durch eine GWA werden Kostensenkungen von durchschnittlich mindestens 10%, üblicherweise 15 bis 20% berichtet (Roever, 1982). Positiv sind das strukturierte Verfahren, der begrenzte zeitliche Umfang, relativ schnelle erste Ergebnisse und die Diskussion der Sinnhaftigkeit sowie Durchführung der Leistungserbringung hervorzuheben (Franz, 1995). Durch den Fokus auf eine Kostenreduktion können Nutzensteigerungen zu geringen Mehrkosten vernachlässigt werden (Coenenberg et al., 2012). Die GWA wird als kurzfristig ausgerichtete Kostensenkungsmaßnahme betrachtet (hier und folgend Franz, 1995). Die Abläufe werden nicht grundlegend geändert, so dass ein Langfristerfolg nicht zwangsläufig gewährleistet werden kann. Auch wird bei der Mittelverteilung die strategische Ausrichtung (wie etwa beim Zero Base Budgeting) nicht berücksichtigt. | ||
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+ | Aus Prozesssicht wird angemerkt, dass eine untersuchungseinheitenübergreifende Optimierung durch die (teilweise) sequentielle Bearbeitung erschwert wird (hier und folgend Franz, 1995). Auch seien die Analysezeiten für komplexe Prozesse zu knapp. Ferner werde die zunehmende Bedeutung der Datenverarbeitung in indirekten Bereichen nur unzureichend berücksichtigt. | ||
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+ | Problematisch ist die Nutzung des mittleren Managements als maßgebliche „Kreativitätsquelle“, das ggf. der GWA wegen möglicher Budgetkürzungen oder Arbeitsplatzverluste negativ gegenübersteht. Dementgegen sind keine generell unrealistischen Vorschläge zu erwarten, da das Management diese im Folgenden umsetzen muss. | ||
+ | Auch wenn eine personelle Realisierung ohne unzumutbare Härten (z.B. Nutzung von Fluktuation oder Einstellungsstopps) angestrebt wird, kommt eine GWA oft nicht ohne Personalabbau aus, so dass nicht nur im mittleren Management Implementierungswiderstände zu erwarten sind (Küpper et al., 2013). Dies wird verstärkt durch Missverständnisse, wie etwa die Ideenhürde von 40%, die teilweise wegen eines vermeintlichen Erfüllungszwangs als „Alibi für die Ablehnung des Verfahrens“ (Franz, 1995) dient. | ||
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+ | Als kritisches Argument wird häufig der hohe Aufwand durch die eigene Projektorganisation genannt, die das komplette mittlere Management mit Aufgaben außerhalb seiner normalen Tätigkeit bindet (Küpper et al., 2013). | ||
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+ | == Literatur == | ||
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+ | Coenenberg, A. G./Fischer, T. M./Günther, T., Kostenrechnung und Kostenanalyse, 8. Aufl., Stuttgart 2012. | ||
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+ | Franz, K.-P., Die Gemeinkostenwertanalyse als Instrument des Kostenmanagements, in: Scholz, C./Djarrahzadeh, M. (Hrsg.), Strategisches Personalmanagement: Konzeptionen und Realisationen, 2. Aufl., Stuttgart 1995, S. 131-140. | ||
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+ | Huber, R., Gemeinkosten-Wertanalyse: Methoden der Gemeinkosten-Wertanalyse (GWA) als Element einer Führungsstrategie für die Unternehmungsverwaltung, 2. Aufl., Bern [et al.] 1987 (zugl. Diss. Univ. Zürich 1985). | ||
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+ | Küpper, H.-U./Friedl, G./Hofmann, C./Hofmann, Y./Pedell, B., Controlling: Konzeption, Aufgaben, Instrumente, 6. Aufl., Stuttgart 2013. | ||
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+ | Roever, M., Gemeinkosten-Wertanalyse: Erfolgreiche Antwort auf den wachsenden Gemeinkostendruck, in: Zeitschrift Führung + Organisation, 51. Jg. (1982), H. 5-6, S. 249-253. | ||
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+ | == Ersteinstellende Autoren == | ||
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+ | Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Berens, Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbes. Controlling, Westfälische Wilhelms-Universität Münster, [mailto:wolfgang.berens@wiwi.uni-muenster.de] | ||
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+ | Univ.-Prof. Dr. Friedrich Sommer, Lehrstuhl BWL XII: Controlling, Universität Bayreuth, [mailto:friedrich.sommer@uni-bayreuth.de] | ||
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+ | Siehe dazu auch: [[Gemeinkosten]], [[Gemeinkostenmanagement / -controlling]] | ||
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+ | [[Kategorie: Kosten-, Leistungs- und Ergebnisrechnung]] |
Aktuelle Version vom 15. Januar 2024, 13:31 Uhr
Prüfsiegel gültig bis 2025
Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung
Die Gemeinkostenwertanalyse ist ein strukturiertes Verfahren zur Senkung der Gemeinkosten. Sämtliche innerbetrieblich erbrachten Leistungen werden einer sorgfältigen Prüfung unterzogen, ob sie erforderlich bzw. ggf. günstiger zu erbringen sind. Hierbei soll der Unternehmensoutput nicht beeinträchtigt werden. Träger des Verfahrens sind nicht einzelne Fachbereiche, sondern die Leiter der Funktionsbereiche, die die Leistungen erbringen bzw. abnehmen. Somit wird das gesamte mittlere Management als zentraler Know-how-Träger für einen begrenzten Zeitraum in einem Projekt organisiert.
Einordnung und Zielsetzung
Die Gemeinkostenwertanalyse (GWA) ist die für den deutschen Markt weiterentwickelte Form der Overhead Value Analysis (OVA). Die GWA wurde ebenso wie die OVA von der Unternehmensberatung McKinsey entwickelt und 1975 in Deutschland eingeführt (Roever, 1982). Die Entwicklung der GWA wird als Antwort auf die Veränderung der Kostenstrukturen gesehen (Franz, 1995): Aus einer Verlagerung von direkten hin zu indirekten Tätigkeiten folgte ein Anstieg des Gemeinkostenanteils an den Gesamtkosten. Diesem konnte nach Auffassung der Entwickler der GWA durch bestehende Instrumente (etwa Pauschalkürzungen von Kostenstellenbudgets, Zero Base Budgeting oder Planning, Programming, and Budgeting System) nur unzureichend begegnet werden (Roever, 1982).
Die GWA ist ein strukturiertes Verfahren zur Gemeinkostensenkung (Franz, 1995). Die Kostensenkung wird dabei ohne Nutzenverlust hinsichtlich des Unternehmensoutputs angestrebt (Franz, 1995): Sämtliche innerbetrieblich erbrachten Leistungen sollen einer sorgfältigen Prüfung unterzogen werden. Der Ansatz der produktbezogenen Wertanalyse wird somit auf die Gemeinkostenbereiche übertragen (Franz, 1995). Es ergeben sich ein Effektivitäts- und ein Effizienzziel (Coenenberg et al., 2012):
- Effektivitätsziel: Eliminierung von Leistungen, die zur Erreichung des Unternehmensziels nicht erforderlich sind;
- Effizienzziel: Prüfung der verbleibenden Leistungen auf kostenminimale Erbringung.
Da der Output des Unternehmens nicht beeinträchtigt werden soll, wird sie als inputorientiertes Verfahren der Budgetvorgabe angesehen (Küpper et al., 2013).
Im Gegensatz zur produktbezogenen Wertanalyse wird die GWA nicht von einzelnen Fachabteilungen durchgeführt (Roever, 1982): Die Träger sind die Leiter der Funktionsbereiche, die die indirekten Leistungen bereitstellen („Lieferanten“) und nutzen („Kunden“). Somit wird im Rahmen eines GWA-Projekts das gesamte mittlere Management für einen begrenzten Zeitraum mobilisiert. So soll das gesamte Geflecht innerbetrieblicher Leistungen transparenter gemacht werden. Mittels bewusst hoher Zielvorgaben soll die Kreativität gefördert werden. Aufgrund des Projektcharakters der GWA wird sie auch als aperiodisches Budgetierungsverfahren bezeichnet (Coenenberg et al., 2012).
Organisation
Die GWA erfordert eine eigene Projektorganisation (Küpper et al., 2013). Die typischen Funktionsträger lassen sich unterteilen in Lenkungsausschuss, Projektleitung, Analyseteams und die Leiter der Untersuchungseinheiten (Coenenberg et al., 2012). Die Anforderungen an die Funktionsträger sowie deren jeweilige Aufgaben sind in Abb. 1 zusammengefasst.
Neben diesen Funktionsträgern sollen die Personalabteilung und der Betriebs- bzw. Personalrat zur Wahrung von Informations- und Mitwirkungsrechten eingebunden werden. Insbesondere Projektleitung und Analyseteams werden regelmäßig durch externe Berater unterstützt. Diese Projektorganisation zielt darauf ab, sich die Ideen der einzelnen Mitarbeiter zunutze zu machen, wobei gruppendynamische Effekte bedeutend sind (Küpper et al., 2013).
Ablauf
Ein detaillierter Zeitplan, in dem die einzelnen Abschnitte genau spezifiziert werden, sorgt in Kombination mit einer der „eisernen Regeln“ des GWA-Ansatzes, „keine Terminverschiebungen!“, für ein strukturiertes, fast pedantisches Vorgehen (Roever, 1982). Dieses gliedert sich in die drei Phasen Vorbereitung, Analyse und Realisierung.
Vorbereitungsphase Die Vorbereitungsphase beinhaltet drei wesentliche Elemente (Coenenberg et al, 2012):
1) Festlegung der Projektorganisation
2) Planung des Projekts
3) Schulung der Projektbeteiligten
Konkret sind die im Folgenden zu untersuchenden Gemeinkostenbereiche festzulegen, Teams zusammenzustellen und die Leiter der Untersuchungseinheiten zu bestimmen (Küpper et al., 2013).
Analysephase Im Rahmen der Analysephase kann ein Analyseteam für maximal drei Untersuchungseinheiten zuständig sein (Franz, 1995). Diese Phase gliedert sich in vier Elemente mit einer Länge von je einer Woche, welche zusammen als „Takt“ bezeichnet werden (Franz, 1995):
1) Strukturieren von Leistungen und Kosten
Zunächst werden sämtliche von einer Untersuchungseinheit erbrachten Leistungen an andere Unternehmenseinheiten erfasst (Coenenberg et al., 2012). Im Anschluss werden die Kosten jeder Leistung mit einem Verfahren geschätzt, das Ähnlichkeiten mit der Prozesskostenrechnung aufweist (Franz, 1995): Die einzelnen in der Untersuchungseinheit durchgeführten Aktivitäten werden Leistungen zugeordnet (hier und folgend Coenenberg et al., 2012). Die Arbeitszeiten einzelner Aktivitäten werden durch Selbstaufschreibungen in zeitlich beschränktem Rahmen ermittelt. Die gesamten Personalkosten einer Untersuchungseinheit werden anhand der Arbeitszeiten auf die Ausgangsleistungen verrechnet. Die weniger bedeutsamen Sachkosten werden anhand der Personalkosten proportionalisiert. Das Ergebnis ist ein Leistungskatalog mit zugehörigen Kosten je Bereich.
Generieren von Einsparungsideen
Die Leiter einer Untersuchungseinheit soll – gemeinsam mit den Abnehmern der Leistung – Einsparungsideen generieren. Hierbei werden Effektivität und Effizienz der Leistungen des erstellten Katalogs überprüft (hier und folgend Coenenberg et al., 2012). Konkrete Zielvorgabe ist – unabhängig von der am Ende tatsächlich erreichen Einsparung – eine Senkung der Kosten um 40% („Ideenhürde“). Hierdurch sollen auch vermeintlich unantastbare Leistungen infrage gestellt sowie möglichst kreative, auch unkonventionelle Einsparungsvorschläge erarbeitet werden. Eine Systematisierung von Einsparpotentialen bietet Abb. 2.
2) Beurteilung der Einsparungsideen
Generierte Einsparungsideen werden anhand von drei Kriterien beurteilt (Huber, 1987):
• Wirtschaftlichkeit (Kosteneinsparungserwartung aufgrund einer Wirtschaftlichkeitsanalyse),
• Risiko (Schadenshöhe möglicher negativer Auswirkungen unter Berücksichtigung der Eintrittswahrscheinlichkeit) und
• Fristigkeit (Dauer einer möglichen Realisierung).
Anhand dieser Kriterien werden die Ideen eingeteilt in A-, B- und C-Vorschläge (Huber, 1987):
• A-Ideen: Kostensenkungspotential, akzeptables Risiko und Realisierbarkeit innerhalb von zwei Jahren;
• B-Ideen: Kostensenkungspotential, erhöhtes Risiko und/oder längere Realisierungsfrist;
• C-Ideen: nicht realisierbar.
Während A-Ideen ohne Einschränkung realisierbar sind, bedürfen B-Ideen weiterer Abklärung. C-Ideen werden nicht realisiert. Eine mögliche Visualisierung bietet Abb. 3 (hier und folgend sowie zu alternativen Darstellungen Huber, 1987). Auf den Achsen sind Realisationsdauer und Realisationsrisiko abgetragen. Die Größe der Kreise zeigt das Einsparpotential. B-Ideen werden nicht positioniert, da weitere Abklärung erforderlich ist. Die Festlegung der Grenze zwischen A- und C-Ideen hängt von den unternehmensindividuellen Innovations- und Risikozielen ab.
3) Zusammenstellung von Aktionsprogrammen Zur Vorbereitung der Realisierung werden die A-Ideen (plus evtl. Teile der B-Ideen) in detaillierten Aktionspaketen konkretisiert. Die Entscheidung über die tatsächliche Realisierung trifft der Lenkungsausschuss unter Beteiligung von Betriebs- bzw. Personalrat (Küpper et al., 2013).
Realisierungsphase
Nach Zustimmung durch den Lenkungsausschuss werden die vorgeschlagenen Aktionsprogramme umgesetzt. Dies kann innerhalb von zwei bis drei Wochen nach Einreichung der Vorschläge durch den Leiter der Untersuchungseinheit beginnen (Roever, 1982).
Würdigung
Durch eine GWA werden Kostensenkungen von durchschnittlich mindestens 10%, üblicherweise 15 bis 20% berichtet (Roever, 1982). Positiv sind das strukturierte Verfahren, der begrenzte zeitliche Umfang, relativ schnelle erste Ergebnisse und die Diskussion der Sinnhaftigkeit sowie Durchführung der Leistungserbringung hervorzuheben (Franz, 1995). Durch den Fokus auf eine Kostenreduktion können Nutzensteigerungen zu geringen Mehrkosten vernachlässigt werden (Coenenberg et al., 2012). Die GWA wird als kurzfristig ausgerichtete Kostensenkungsmaßnahme betrachtet (hier und folgend Franz, 1995). Die Abläufe werden nicht grundlegend geändert, so dass ein Langfristerfolg nicht zwangsläufig gewährleistet werden kann. Auch wird bei der Mittelverteilung die strategische Ausrichtung (wie etwa beim Zero Base Budgeting) nicht berücksichtigt.
Aus Prozesssicht wird angemerkt, dass eine untersuchungseinheitenübergreifende Optimierung durch die (teilweise) sequentielle Bearbeitung erschwert wird (hier und folgend Franz, 1995). Auch seien die Analysezeiten für komplexe Prozesse zu knapp. Ferner werde die zunehmende Bedeutung der Datenverarbeitung in indirekten Bereichen nur unzureichend berücksichtigt.
Problematisch ist die Nutzung des mittleren Managements als maßgebliche „Kreativitätsquelle“, das ggf. der GWA wegen möglicher Budgetkürzungen oder Arbeitsplatzverluste negativ gegenübersteht. Dementgegen sind keine generell unrealistischen Vorschläge zu erwarten, da das Management diese im Folgenden umsetzen muss. Auch wenn eine personelle Realisierung ohne unzumutbare Härten (z.B. Nutzung von Fluktuation oder Einstellungsstopps) angestrebt wird, kommt eine GWA oft nicht ohne Personalabbau aus, so dass nicht nur im mittleren Management Implementierungswiderstände zu erwarten sind (Küpper et al., 2013). Dies wird verstärkt durch Missverständnisse, wie etwa die Ideenhürde von 40%, die teilweise wegen eines vermeintlichen Erfüllungszwangs als „Alibi für die Ablehnung des Verfahrens“ (Franz, 1995) dient.
Als kritisches Argument wird häufig der hohe Aufwand durch die eigene Projektorganisation genannt, die das komplette mittlere Management mit Aufgaben außerhalb seiner normalen Tätigkeit bindet (Küpper et al., 2013).
Literatur
Coenenberg, A. G./Fischer, T. M./Günther, T., Kostenrechnung und Kostenanalyse, 8. Aufl., Stuttgart 2012.
Franz, K.-P., Die Gemeinkostenwertanalyse als Instrument des Kostenmanagements, in: Scholz, C./Djarrahzadeh, M. (Hrsg.), Strategisches Personalmanagement: Konzeptionen und Realisationen, 2. Aufl., Stuttgart 1995, S. 131-140.
Huber, R., Gemeinkosten-Wertanalyse: Methoden der Gemeinkosten-Wertanalyse (GWA) als Element einer Führungsstrategie für die Unternehmungsverwaltung, 2. Aufl., Bern [et al.] 1987 (zugl. Diss. Univ. Zürich 1985).
Küpper, H.-U./Friedl, G./Hofmann, C./Hofmann, Y./Pedell, B., Controlling: Konzeption, Aufgaben, Instrumente, 6. Aufl., Stuttgart 2013.
Roever, M., Gemeinkosten-Wertanalyse: Erfolgreiche Antwort auf den wachsenden Gemeinkostendruck, in: Zeitschrift Führung + Organisation, 51. Jg. (1982), H. 5-6, S. 249-253.
Ersteinstellende Autoren
Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Berens, Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbes. Controlling, Westfälische Wilhelms-Universität Münster, [1]
Univ.-Prof. Dr. Friedrich Sommer, Lehrstuhl BWL XII: Controlling, Universität Bayreuth, [2]
Siehe dazu auch: Gemeinkosten, Gemeinkostenmanagement / -controlling