Preisfindung: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 30. Dezember 2015, 21:33 Uhr
Inhaltsverzeichnis
- 1 Preisfindung – Konzept zum Herausfinden der Verkaufspreise
- 2 Vier elementare Stützpfeiler zur Preisfindung
- 3 Preisfindung vom Kunden her
- 4 Verglichen zum Wettbewerb
- 5 Die eigene Wettbewerbs- und Preisstrategie
- 6 Kostenkalkulation
- 7 Verkaufsmanagement und Controller in Zusammenarbeit bei der Preisfindung
- 8 Quelle
- 9 Ersteinstellende Autoren
Preisfindung – Konzept zum Herausfinden der Verkaufspreise
Die Verkaufspreisentscheidungen der Firmen richten sich vielfach nach dem, was in einem Markt die gewachsene Preisstruktur ist. Da existieren Preisbänder, in denen sich die verschiedenen Angebote nach ihrem Qualitäts-Genre und adressiert an bestimmte Zielgruppen bewegen. Allerdings ist gerade bei den Zielgruppen nicht mehr so von einer Konstanz auszugehen, wie das vielleicht früher der Fall gewesen sein mag. Es gibt bei denselben Menschen heute stärker situationell geprägte, wechselnde Verhaltensweisen. Vielleicht kann man von Rollen im Einkaufen sprechen, wonach man in einem Atemzug die Rolle hat, in einem Lebensmitteldiscounter einzukaufen, um gleich anschließend in ein teures Fachgeschäft zu gehen.
Vier elementare Stützpfeiler zur Preisfindung
Die Abbildung 1 soll eine Art Verkaufspreis-Schwungrad ausdrücken. Die Nabe sozusagen ist der Verkaufspreis, der zu finden ist, entscheidungsgetragen durch vier in Spannung zueinander stehende Felder.
Die beiden oben eingezeichneten Bestimmungsfelder auf den Preis kämen von außen – vom Markt her, also von Kundschaft und von den Wettbewerbskollegen. Die andern beiden liegen im Unternehmen selber – in Geschäftspolitik und Kostenstruktur.
Preisfindung vom Kunden her
Dies ist links oben in der Abbildung 1 erst einmal das elementare Erlebnis der Preisfindung. Salopp ausgedrückt, kann man es auch so umschreiben, ob der Kunde beim Preis, den man nennt, schon zuckt oder noch schluckt. Dann genügt es, das „Weiße im Auge des Kunden“ zu sehen. Vielleicht ist nötig, Preise zu entbündeln, um verschiedene Leistungssegment auszukoppeln und separat anzubieten.
Abb. 1: Preisfindungsmodell - balanced perspectives
Wer Verkaufspreise nicht so machen kann, dass er selber den Endverbraucher oder Endanwender als Kunden sieht, muss immer gleichzeitig die Preisfindungsentscheidungen seiner direkten Kundschaft in die eigene Planung einbeziehen. Ist der direkte Kunde z.B. der Handel, so ist die Frage, wie bei Verkaufspreisänderungen, die man selber macht, der Handel weiter kalkuliert. Macht er das nach dem einfachen Schema von EK x Faktor = VK, so wäre eine eigene Entscheidung linear nachvollziehbar auf dem Markt der Endverbraucher.
Stellt man selber ein Halbfabrikat her – z.B. Garn für Teppiche oder Folien für Spanplatten oder Halbzeug für Stanzteile – so ist zu überlegen, wie das eigene Produkt mit seinem Verkaufspreis in die Kalkulation des industriellen Kunden einfließt. Ändert man z.B. selber den Verkaufspreis je Kilogramm Garn, so ist über das Rezept Kilogramm je Quadratmeter zu überlegen, was das in den Produktkosten eines Teppichs ausmacht.
Früherkennungssignale sammelt vor allem, wer nicht einfach nur auf die Rücklichter des Vordermanns starrt, sondern gedanklich die Autos der weiter vorne Fahrenden mitfährt. Dann sieht man schneller, wenn sich der Geschäftsgang verlangsamt oder falls sich das Tempo beschleunigen sollte.
Verglichen zum Wettbewerb
Manchmal gehen Entscheidungen, Verkaufspreise zu machen, so ähnlich wie das Erlebnis zweier Studenten im Examen. Der eine, der es nicht bestanden hat, beschwert sich darüber. Darauf bekommt er die Nachricht, dass der andere, der es bestanden hat, bei der letzten Frage geschrieben habe: ich weiß es nicht – und der, der dann durchgefallen ist, eben vermerkt hat in seinem Antworttext auf diese Prüfungsfrage: ich auch nicht.
Tatsächlich werden manchmal Preise einfach abgeschrieben, oder man bleibt eben standardmäßig unter einem bestimmten Verkaufspreis eines Mitbewerbers.
Der Vergleich mit der Konkurrenz führt meist auch in die verschiedenen Preisbänder, die es besonders in Konsumgütermärkten gibt. Auch im Verlagswesen gibt es die Redeweise, dass man ein Buch mache für z. B. einen Verkaufspreis von € 48,–. In so einem Preisband liegen dann eine ganze Reihe Angebote – oder trifft man immer wieder dieselben Wettbewerbskollegen.
Also ist immer wieder aufs Neue zu fragen, was es ist, was die Kundschaft veranlasst, ihren Bedarf bei uns zu decken – oder was sie hindert, sich bei uns zu versorgen. Eine solche Einstiegsfrage führt ins Potenzialprofil, das Kriterien des Kundenbedarfs mit der Einschätzung der eigenen Position gegenüber dem typischen Mitbewerber verbindet.
Die eigene Wettbewerbs- und Preisstrategie
Preisstrategien können entweder gezielte Maßnahmen sein für Schwerpunktprodukte oder Schwerpunktregionen. Tiefflugpreise setzen, dies wäre z.B. eine Strategie auf dem Weg zum Ziel eines größeren Marktanteils und/oder einer größeren Distributionsquote. Eine solche Strategie braucht immer die Prämisse, dass ein wichtiger Mitbewerber, dem gegenüber man billiger sein möchte, diese Strategie nicht auch so macht. Die Strategie der Tiefflugpreise kann im Ergebnis aber kein gutes Resultat bringen – es sei denn die Kostenstrukturen lassen sich parallel, auch mit der größeren Menge, reduzieren. Dies ist die vielleicht ganzheitlich für ein Unternehmen zu formulierende Strategie die Kostenführerschaft. Damit verbunden könnte sein das Erschließen neuer Märkte, für die am Anfang ein Preis nicht in der ursprünglichen Höhe leistbar erscheint.
Die zweite preisfindungsorientierte Strategie ist jene der Differenzierung. Wie unterscheidet man sich von der Konkurrenz im Produkt selber und in der Servicequalität drum herum? Stil und Atmosphäre – die Unternehmenskultur – kann auch einen Preisabstand wert sein. Einen Preis zu bewilligen, ist auch Stimmungssache. Nur gehört dann dazu, dass ein Unternehmen konsequent dieser Identität treu bleibt und nicht mal so, mal so augenblicksgeprägt und situations-spontan herumspringt.
In Konsumgüterfirmen pflegt man auch vom Genre zu sprechen. In welchem Genre ist das Produkt angetreten – gehobener, mittlerer, unterer. Zwar bestehen diese Preisbänder, wie gesagt, von der Kundschaft her, aber die eigene geschäftspolitische Willensentscheidung heißt, welchem Preisband man sich zugehörig fühlt. Das kann entweder spezifisch eines sein – oder man probiert es, in mehreren dieser Preisbänder vielleicht dann auch mit getrennten Marken und Markennamen zu Hause zu sein.
Die Strategien als Einflussgröße auf die Verkaufspreisfindung sind die eigene Willenserklärung der Unternehmung. So ist das Preisschwungrad auch nicht ganz gleichartig. Das, was die beiden oberen Flügel enthalten, ist zu diagnostizieren – möglichst vorurteilsfrei. Die unteren beiden Stützen sind selbstbeschlossene Therapie. Planung heißt soviel wie Entscheidungsfindung. Und hier sind es wirklich Planbausteine. Damit man therapeutisch richtig liegt, muss die Diagnose dazu passen.
Strategien, die sich auf die Verkaufspreisfindung beziehen, können auch aus den Portfoliopositionen abgeleitet werden. Gerade da ist ein separater Ansatzpunkt zur Kostenkalkulation. Ein Produkt, für das man die Strategie des Erntens und Aussteigens anwendet und das infolgedessen keine Investitionsmaßnahmen mehr erhält im Markt und in der Entwicklung, kann gleichwohl einen Verkaufspreis kriegen, der auch zu der Milch führt, die man melken will. Die beabsichtigte Strategie, vom Ernten zum Aussteigen zu gehen, könnte sich (wie es gewollt sein mag) beschleunigen. Auch dort, wo ein Unternehmen Auftragsproduktion macht und immer wieder aufs Neue Offerten kalkulieren muss, gibt es so etwas wie eine Preiserwartung - als High tech oder low standard. Der sollte man dann auch treu bleiben.
Kostenkalkulation
Schließlich ist es der kostengestützte Einstieg in die Preisfindung, der aus der Controllerwerkstatt heraus zählt. Vielleicht ist dies überhaupt der erste Ansatzpunkt für den Controller. Hier hat er verfügbar das Schrittmacherkonzept des Zahlenhandwerks. Die Sparringpartnerrolle des Controllers kann um so penetranter sein im Sinne der Sache, je verlässlicher und glaubwürdiger er/sie die Rechnung der Kostenschichtung dazu aufbauen kann.
Bei der Kalkulation der Produktkosten gibt es in der Eindeutigkeit keinen Zweifel. Hier herrscht das Prinzip der Verursachung. Was also verursacht ein Produkt an Stücklistenkomponenten und Zeiteinsatz, weil es physisch existieren soll?
Bloß die Kenntnis der Produktkosten hilft nicht viel für die Bestimmung des Verkaufspreises. Da muss noch was dazu – nämlich ein Zieldeckungsbeitrag, je Kalkulationseinheit gerechnet, für die Strukturkostendeckungsziele der Gesamtfirma. Hier hat der Controller mit dem Verkauf die Chance, intern das Zuck- und Schluckprinzip schon vorzuexerzieren.
Die Kalkulation bringt die Zieldeckungsbeiträge auf das Erzeugnis – was nur geht, wenn eine Annahme gemacht ist innerhalb des Budgets (sei es Jahresbudget oder Mehrjahresplan) über die zu erwartende Auslastung. Andernfalls können periodische Strukturkosten nicht auf die Einheit eines Produkts kalkuliert werden. Daraus folgt, dass es einen Gewinn pro Stück aus der Natur der Sache heraus nicht gibt. Gewinne oder Verluste pro Stück sind immer durch das Ermessen der Zuordnung entstanden sowie durch die Planbeschäftigung, die man unterstellt hat, die ihrerseits aber vom Verkaufspreis wieder abhängt.
Verkaufsmanagement und Controller in Zusammenarbeit bei der Preisfindung
Controllers Eintrittskarte ist wahrscheinlich zunächst einmal die Kalkulation – aber auch in der Strategieformulierung ist Controllers ganzheitlicher Beratungsauftrag gefordert. Die Einschätzung von Marktsituation und Konkurrenzvergleich ist Sache des Verkaufs. In diesem Spannungsfeld entsteht mit der Idee der Nabe am Preisrad die Verkaufspreisentscheidung.
Gerade bei den Verkaufspreisen ist der Stil des Controllers tough and sympathetic gefragt. Man müsste als Controller mit liebenswürdiger Penetranz die Zieldeckungsbeiträge vertreten und gleichzeitig sehen, ob eine strategische Konzeption formuliert ist oder neu aufgebaut werden muss.
Marketing und Controlling sind Zwillingsschwestern. Das Denken vom Kunden her würde doch am liebsten ganz niedrige Preise machen oder gleich zum Nulltarif liefern. Schließlich möchte man für seine Kunden da sein, deren Probleme sehen und lösen helfen. Das geht am einfachsten dann, wenn es nichts kostet.
Controlling fügt hinzu, dass auch die Ergebnisse hinkommen müssen, weil die Existenz des Unternehmens und damit ihr Angebot sonst dauerhaft nicht gewährleistet sein kann. Eine gelungene Konsensfindung zwischen Marketing und Controlling äußert sich gerade auch in der Festlegung der Verkaufspreise, die beides klären müssen: akzeptiert sein auf dem Markt; und das Ergebnis/die Kostendeckung im Unternehmen sicherstellen.
Im Markt - wenn man sich dies im Bild einer Waage vorstellt - muss die Waagschale, in der sich der Nutzen für den Kunden befindet, schwerer wiegen als die andere Waagschale, in der unser Verkaufspreis liegt. Dann ist unser Angebot preiswürdig.
Quelle
Controller Handbuch, 6. Auflage neu geschrieben, Verlag für ControllingWissen AG, Offenburg, 2008
Ersteinstellende Autoren
Albrecht Deyhle, Controller Akademie
Gerhard Radinger, Controller Akademie