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Supply Chain Performance

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Vom Kennzahlensystem zum Performance Measurement

Traditionelle Kennzahlensysteme werden den Ansprüchen eines dynamischen und turbulenten Wettbewerbsumfelds kaum gerecht. Ihnen mangelt es an Zukunftsfokussierung sowie der Berücksichtigung „weicher“ Faktoren (Non Financials). Zur Überwindung dieser und weiterer Defizite wurden in den frühen 90er Jahren Performance Measurement Systeme (die bekanntesten Vertreter sind Performance Pyramid und Balanced_Scorecard) entwickelt, die auch eine Identifikation kausaler Zusammenhänge erlauben. Performance_Measurement-Konzepte (siehe auch Performance_Measurement bzw. Performance_Measurement_in_Controllingprozessen) der Supply Chain zielen grundsätzlich auf die Steigerung der Erfolgswirksamkeit von Aktivitäten innerhalb moderner Wertschöpfungsketten. Dabei sind diese Ansätze nicht bloß kostenorientiert. Performance Measurement Systeme der Supply Chain richten sich gleichermaßen auf die Schlüsselgrößen Zeit, Qualität, Flexibilität und Service aus.



Supply Chain Korridor

Die Bewertung innerhalb zeitgemäßer Supply Chain Performance Measurement Konzepte erfolgt innerhalb eines so genannten Erfolgskorridors. Dieser spannt sich über die Eckpfeiler Effektivität, Effizienz und Agilität auf (vgl. Abbildung 1):

• Supply Chain Effektivität: Die Werttreiber zur Steigerung der Supply Chain Effektivität sind primär langfristig und extern ausgerichtet. Sie leiten sich aus der anvisierten Supply Chain Vision ab und manifestieren sich über die eingeleiteten Supply Chain Strategien.

• Supply Chain Effizienz: Eher kurzfristig und intern geprägte Werttreiber innerhalb der Supply Chain werden zur Effizienzverbesserung benötigt. Auf dieser operativen Ebene wird die Optimierung der Wirtschaftlichkeit von Supply Chain Aktivitäten angestoßen.

• Supply Chain Agilität: Ein drittes Bündel an Werttreibern innerhalb dieser Lieferketten forciert schließlich die Agilität (Wandlungsfähigkeit) der Netzwerkakteure.

SC Performance 1.jpg

Abb. 1: Erfolgskorridor der Supply Chain


Die Ausrichtung der Leistungen in diesem Erfolgskorridor ist häufig einem Wandel unterworfen (Lebenszyklusbezug): Für junge Geschäftseinheiten wird vielfach die Steigerung der Effektivität anvisiert. Reife Geschäftseinheiten hingegen zielen eher auf die Verbesserung der Effizienz. Auch herrscht zwischen diesen Erfolgsfaktoren nicht immer Zielharmonie; beispielsweise geht die Forcierung der Agilität tendenziell zu Lasten der Effizienz.



Quantitative und qualitative Erfolgsmessung

Innerhalb der Performance Measurement Systeme einer Supply Chain werden auf unterschiedlichen Leistungsebenen quantitative und qualitative Werttreiber unterschieden. Quantitative Werttreiber sind budgetierbar. Sie dienen dazu, Prozesse innerhalb moderner Wertschöpfungsketten zu bewerten, Gestaltungsalternativen zu vergleichen (z. B. Make or Buy) und betriebswirtschaftliche Konsequenzen abzuleiten. Ein junges Gebiet von Performance Measurement Systemen in Supply Chains ist hingegen die qualitative Erfolgsmessung. Diese „weichen“ Werttreiber sind integrativer Bestandteil eines Supply Chain Relationship Managements. In den Untersuchungsfokus rücken nicht länger Material-, Informations- oder Geldflüsse, sondern vielmehr soziale Verflechtungen. Die Bewertung erstreckt sich beispielsweise auf Faktoren wie Vertrauen, Verbundenheit, Kommunikation und Transparenz. Derartige Gestaltungsmöglichkeiten leiten sich aus Personalaustausch (Resident Engineering), Informationstransfer (gemeinsam genutzte Datenbestände) oder Lieferantentreffen ab.



Werthebel und Kennzahlen der Supply Chain Performance

Aus dem dreidimensionalen Erfolgskorridor heraus lassen sich sieben primäre Werthebel einer Supply Chain unterscheiden:

- Effizienzsteigerung,

- Qualitätsverbesserung,

- Schnelligkeit,

- Anpassungsfähigkeit,

- Servicefokussierung,

- Innovationsausrichtung sowie

- Kollaborationsorientierung.


Auch wenn einer dieser Erfolgsparameter temporär bei der Verfolgung der eingeschlagenen Supply Chain Strategie dominieren kann, sollte langfristig eine weitgehende Ausgewogenheit zwischen diesen Schlüsselfaktoren herrschen. Denn ansonsten ist die Gefahr groß, dass es zu unerwünschten Trade-off Effekten kommt: Wird beispielsweise die Kostenschraube überdreht (Effizienzsteigerung), können Qualitätsdefizite die Folge sein.

Zur Ableitung der Supply Chain Performance sind die Werthebel durch geeignete Kosten- und Leistungskennzahlen zu bewerten (vgl. Abbildung 2). Einige dieser Größen richten sich unternehmensintern aus, andere zielen auf die Messung netzwerkgerichteter Abläufe.

• Effizienzsteigerung: Prozesskostensätze (z. B. Kosten pro Versandvorgang), Transaktionskosten (wie Anbahnungs- oder Abwicklungskosten), Total Cost of Ownership Werte (Folgekosten, beispielsweise auf Grund eines Lieferantenwechsels), Produktivitäten (vor allem Arbeitsproduktivitäten, wie Picks pro Stunde).

• Qualitätsverbesserung: Backlogs innerhalb der Supply Chain (Lieferverzögerungen), Ausschuss/Nacharbeit (vorzugsweise gemessen über PPMs, Parts per Million), notwendige Retouren (auf Grund qualitativer Defizite).

• Schnelligkeit: Durchlaufzeit (z. B. Rüstzeit, Produktionszeit, Liegezeit, Fehlzeit), Order Fulfillment Time (komplette Bearbeitungszeit von Kundenaufträgen, inklusive After-Sales-Aktivitäten), Lagerumschlag (Turns pro Zeiteinheit).

• Anpassungsfähigkeit: Rüstvorgänge (mögliche Einrichtungsvorgänge pro Zeiteinheit), Upside Production Flexibility (Zeitspanne, welche ein Unternehmen benötigt, um auf eine ungeplante Nachfragesteigerung von 20% zu reagieren).

• Servicefokussierung: Lieferservicegrad (qualitative, quantitative und zeitliche Bewertung von Warenzugängen, internen Abläufen oder Kundenauslieferungen), Kulanzquote (wie viel Prozent des Umsatzes fallen für Kulanzvorgänge an?), Kundenzufriedenheit (z. B. gemessen über Reklamationen oder Kundentreue).

• Innovationsausrichtung: Time to Market (Zeitspanne von der Produkt- oder Prozessentwicklung bis zum eigentlichen Marktzugang), Return on Innovation (Innovationsaufwand im Verhältnis zum finanziellen Nutzen).

• Kollaborationsorientierung: Fleet Links (gemeinsam genutzte Förderzeuge in einem Wertschöpfungsverbund, z. B. in einem Multiple User Warehouse), Digital Links (kooperativ genutzte Systeme und Datenbestände in der Lieferkette), Supply Chain Schnittstellen (viele Schnittstellen bedeuten hohe Transaktions- und Prozesskosten, außerdem unterminieren sie den Volumeneffekt des Einkaufs).

SC Performance 2.jpg



Wechselwirkungen frühzeitig erkennen

Eine besondere Herausforderung an das Supply Chain Performance Measurement ist die Identifikation synergetischer Potenziale und das antizipative Aufzeigen von Trade-offs. Mögliche Früherkennungsindikatoren sind falsche Absatzprognosen, Bedarfsschwankungen, Versorgungsengpässe oder Verschlechterungen des Servicegrads. Oft liegen Wechselwirkungen zwischen diesen Supply Chain Parametern vor: Die Verbesserung der Lieferflexibilität trägt beispielsweise signifikant zur Steigerung der Kundenzufriedenheit bei: Ungeplante Bestellungen können schneller bedient werden. Doch die Forcierung der Kundenzufriedenheit kann mit niedrigen Kapazitätsauslastungsgraden, hohen Fertigwarenbeständen (Kapitalbindung), überhöhten Fixkosten (Zusatzschichten, Überstunden) oder explodierenden Frachtkosten (Sonderfahrten) teuer erkauft sein. Zur Identifikation von Wechselwirkungen zwischen relevanten Supply Chain Erfolgshebeln eignen sich Total Cost of Ownership Analysen.



Literatur

Weber, J./Wallenburg, C. M., Logistik- und Supply Chain Controlling, 6. Aufl., Stuttgart 2010.

Werner, H., Supply Chain Management: Grundlagen, Strategien, Instrumente und Controlling, 5. Aufl., Wiesbaden 2013.

Werner, H., Supply Chain Controlling: Grundlagen, Performance Messung und Handlungsempfehlungen, Wiesbaden 2014.


Ersteinstellende Autoren

Prof. Dr. Hartmut Werner, Hochschule Rhein-Main [1]

B. A. Stephan Preuß, Hochschule Rhein-Main