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Prozesskostenrechnung: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 27. Januar 2019, 16:51 Uhr

Prüfsiegel gültig bis 2020

Zusammenfassung

Der Kerngedanke der Prozesskostenrechnung ist, die Gemeinkosten (siehe auch Gemeinkostenmanagement_/_-controlling) der indirekten Leistungsbereiche nicht mehr über undifferenzierte Zuschlagsschlüssel auf die Kalkulationsobjekte zu verteilen, sondern entsprechend der tatsächlichen Inanspruchnahme der betrieblichen Aktivitäten oder Tätigkeiten durch die Kalkulationsobjekte. Die Prozesskostenrechnung kann somit definiert werden als ein System der Kostenrechnung, in welchem Gemeinkosten durch Auflösung in dahinter liegende Vorgänge (Aktivitäten/Prozesse) über quantitative Bezugsgrößen (Cost Driver) verrechnet werden, die wiederum Maßausdrücke für die Vorgangs-(Aktivitäten/Prozess-) Mengen darstellen.


Konzeption

Die Prozesskostenrechnung ist in ihrem Wesen eine kombinierte Istkostenrechnung und Plankostenrechnung auf Vollkostenbasis. Sie ist im Gegensatz zum Activity Based Costing (ABC) insb. auf die Kostenstellenrechnung der indirekten Leistungsbereiche fokussiert und stellt insoweit kein neues Kostenrechnungssystem dar, da sie sich in ihrem Aufbau wie die traditionelle Vollkostenrechnung der Kostenartenrechnung, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung (Kostenträgerstückrechnung; Kostenträgerzeitrechnung) bedient. Gleichwohl ist die Entwicklung der Prozesskostenrechnung eng mit dem in den USA um 1985 entwickelten Activity Based Costing (ABC) verbunden und in der Praxis findet sich etwa bei Anwendungen in der Dienstleistungsbranche oft eine Vermengung dieser beiden Ansätze. Für das Durchleuchten der Gemeinkosten (siehe auch Gemeinkostenwertanalyse) der indirekten Leistungsbereiche mit der Absicht, die eigentlich als fix (vergleiche Kostenwürfel) klassifizierten Gemeinkosten doch genauer zurechnen zu können, findet eine Fokussierung auf die Geschäftsprozesse als Ursache und Begründung des Kostenanfalls (Kostenverursachung) statt.


Differenzierung von Prozessen

Die Prozesse werden dabei nach leistungsmengeninduziert (lmi) und leistungsmengenneutral (lmn) mit der Begründung differenziert, dass der Aufwand der lmi-Prozesse von der Anzahl der Prozessdurchführungen abhängt, während lmn-Prozesse Kosten darstellen, die unabhängig vom Leistungsvolumen anfallen. Die Kosten können als Bereitschafts- oder Strukturkosten_Struko interpretiert werden. Kennzeichen der lmi-Prozesse ist die Repetivität und der geringe Entscheidungsspielraum, sodass sie durch Prozessgrößen quantifizierbar sind. Die lmn-Prozesse hingegen sind durch nicht-repetitive und nur mittelbar prozessabhängige Tätigkeiten gekennzeichnet. Diese Prozesse verhalten sich vom Leistungsvolumen der Kostenstelle mengenfix und lassen sich daher nicht durch Prozessgrößen quantifizieren. Die Kosten der lmi- und lmn-Prozesse dürfen aber nicht mit variablen und fixen Kosten (Fixkostenmanagement) verwechselt werden, denn die Kostenspaltung in fix und variabel wird im Gegensatz zur Trennung in lmi und lmn nur anhand einer einzigen Bezugsgröße, der Beschäftigung, vollzogen. Die Ausbringungsmenge ist in der Terminologie der Prozesskostenrechnung nur eine mögliche Prozessgröße.


Vorteile der Prozesskostenrechnung

Im Unterschied zu anderen Verfahren stehen bei der Prozesskostenrechnung die betrieblichen Prozesse im Vordergrund, wobei die Gemeinkostenbereiche in sachlich zusammengehörige, kostenstellenübergreifende Prozessketten strukturiert werden. Als Bezugsgrundlage dienen dann die in den Kostenstellen (Cost Center) oder von Kostenträgern ausgelösten Prozesse. Die Zielsetzungen der Prozesskostenrechnung liegen in (Horváth/Kieninger 1993, S. 612):

  • der Erhöhung der Transparenz in den indirekten Gemeinkostenbereichen hinsichtlich der bestehenden Aktivitäten und ihrer Ressourceninanspruchnahme,
  • dem permanenten Gemeinkostenmanagement zur gezielten Kostenbeeinflussung der Gemeinkostenbereiche (Kostenmanagement),
  • der prozessorientierten Kalkulation und
  • der „strategischen Kalkulation“ in der Frühphase von Produktentwicklungen.


Durch die Prozesskostenrechnung können Prozessketten kostenmäßig erfasst werden. Auf Basis der Prozessmengen werden für jede Teilprozesskette die einzelnen Kostenarten bestimmt, die zur wirtschaftlichen Erbringung der Leistungsmenge angefallen sind. Bei Kenntnis der Prozessmengen und der Prozesskosten für die Haupt- und Teilprozessketten lassen sich im nächsten Schritt die Prozesskostensätze ermitteln. Die Prozesskostensätze ergeben sich aus der Division der Prozesskosten durch die Prozessmengen. Der Prozesskostensatz beschreibt die durchschnittlichen Kosten für die einmalige Durchführung einer Prozesskette und ist damit Grundlage für die Verrechnung der Kosten auf die Endkostenstellen oder Kostenträger (siehe auch Verrechnungspreise). Weitere Bedeutung erlangt die Prozesskostenrechnung dadurch, dass die bei der Prozessbetrachtung generierten Informationen als Grundlage für inner- und überbetriebliche Vergleiche (betriebswirtschaftlicher Vergleich, siehe Benchmarking) herangezogen werden können und somit Optimierungsmöglichkeiten aufzeigen.


Die Prozesskostenrechnung bringt durch die Unterteilung der Gemeinkosten in leistungsmengeninduzierte und leistungsmengenneutrale Teile neben der üblichen - und weiterhin notwendigen - kostenrechnerischen Betrachtung von variablen und fixen Kosten (siehe Kostenwürfel) deutlich mehr Transparenz in die Prozesse und Kostenstrukturen (Kostencontrolling). Dieser Ansatz der Kostenzurechnung eignet sich insb. für Unternehmen, bei denen Fixkosten dominieren und variable Kosten nur eine nebensächliche Rolle spielen, wie insb. Dienstleistungs-, Handels- und Finanzunternehmen. Inzwischen ist ihr Gedankengut auch in andere Systeme der Kosten- und Erlösrechnung (Kosten- und Leistungsrechnung) sowie des Kosten- und Erlösmanagements (Kostenmanagement) übernommen worden.



Literaturtipps

Cooper, R./Kaplan, R. S.: Measure Costs right: Make the right decisions, in: HBR 66 (1988), S. 96-103.

Fischer, H.: Prozeßkostenrechnung und Prozeßoptimierung für Dienstleistungen: das Beispiel eines Versicherungsunternehmens, in: Controlling 8 (1996), S. 90-101.

Freidank, C.-C.: Die Prozeßkostenrechnung als Instrument des strategischen Kostenmanagements, in: Die Unternehmung 47 (1993), S. 387-405.

Horváth, P./Kieninger, M. et al.: Prozeßkostenrechnung, in: DBW 53 (1993), S. 612.

Horváth, P./Mayer, R.: Prozeßkostenrechnung: der neue Weg zu mehr Kostentransparenz und wirkungsvolleren Unternehmensstrategien, in: Controlling 1 (1989), S. 214-219.

Lachnit, L.: Prozeßorientiert erweiterte Kosten- und Leistungsrechnung für die öffentliche Verwaltung, in: krp 43 (1999), S. 44-51.

Schäffer, G.: Einführung der prozeßorientierten Kostenrechnung bei einem Markenartikler, in: Controlling 8 (1996), S. 110-115.


Autor

Prof. Dr. Stefan Müller

Kontaktadresse: smueller@hsu-hh.de

Homepage: www.hsu-hh.de/abwl