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Kostenabweichungsanalyse: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 12. Mai 2017, 07:53 Uhr

Prüfsiegel gültig bis 21.02.2022

Zusammenfassung

Liegen relevante Kostenabweichungen vor, so sollte zunächst geprüft werden, ob die Plan- und Istdaten korrekt sind. Ist dies sichergestellt, schließt sich eine vertiefende Ursachenanalyse an, welche die Gründe der Abweichung aufzeigt. Nach der Methode der „Fünf Warum“ sollte der Projektcontroller mindestens fünfmal nach den Ursachen einer Abweichung fragen, bevor er sich mit den Antworten zufrieden gibt. Abweichungen sollte in jedem Fall auf die Kostenart, die verantwortlichen Teilprojekte/Arbeitspakete und das zeitliche Auftreten zurückgeführt werden. Kosten sollten im Rahmen von Abweichungsanalysen immer zusammen mit Leistungen betrachtet werden. Nur so können die Abweichungsursachen korrekt interpretiert werden. Eine Möglichkeit, den Leistungsstand in die Analyse mit einzubeziehen, ist der zusätzliche Ausweis von Sollkosten (Earned Value). Durch die Gegenüberstellung von Soll- und kumulierten Istkosten erkennt man die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung und durch den Vergleich von Soll- und kumulierten Plankosten den Leistungsstand.

Grundsätzliche Überlegungen zu Analysen von Projektkostenabweichungen

Die Steuerung der Projektkosten umfasst folgende Aufgaben (Fiedler 2014, S. 162):

• Ermittlung der Plan- und Sollkosten

• Erfassung der Istkosten

• Gegenüberstellung der Soll- und Istkosten (Soll/Ist-Vergleich)

Analyse der aufgetretenen Kostenabweichungen mit dem Ziel, deren Ursachen herauszufinden, und gegebenenfalls

• Planung und Einleitung von Gegenmaßnahmen

Besonders bedeutsam ist eine umfassende, tiefgehende und differenzierte Analyse der aufgetretenen Kostenabweichungen. Der gesamte Analyseprozess umfasst die Prüfung der Plan- und Sollkosten, die Prüfung der Istkosten sowie die Analyse der Abweichungsursachen.

Prüfung der Plan- und Sollkosten Identifiziert man Kostenabweichungen, die über ein vorher festgelegtes Maß hinausgehen, sollte zunächst kontrolliert werden, ob die Plan- und die daraus abgeleiteten Solldaten korrekt sind. Fehler oder Ungenauigkeiten, wie z. B. nicht oder nur grob geplante Kosten für Arbeitspakete verursachen Kostenabweichungen, die nicht weiter zu verfolgen sind. Diese Prüfung kann viel Analyseaufwand ersparen. Sie ist insbesondere dann von großer Bedeutung, wenn die Planung und damit auch die Projektkalkulation nicht zuverlässig sind.

Prüfung der Istkosten Basis der Kontrolle ist neben einer zuverlässigen Kostenplanung eine regelmäßige, korrekte und zeitnahe Erfassung der Istkosten. Die Plausibilität der Istkosten ist zu hinterfragen, da die korrekte Kostenkontierung auf Projekte und deren Arbeitspakete nicht immer gegeben ist und Falschbuchungen durchaus möglich sind. Wenn das Projekt z. B. mit Kosten belastet wurde, die eigentlich einer Kostenstelle zuzuordnen wären, ergeben sich zwangsläufig Kostenüberschreitungen. In der Praxis werden zudem Kosten oft dann gebucht, wenn die Lieferantenrechnung bezahlt wurde und nicht zum Zeitpunkt des Güterverbrauchs. Dadurch entsteht ein im Vergleich zur Planung zeitlich verschobener Kostenanfall, der ebenfalls zu Abweichungen führt. Besonders wichtige Daten für die Ermittlung der Istkosten sind die zeitnahen und korrekten Rückmeldungen der geleisteten Stunden (sogenannte Mannstunden). Die Projektmitarbeiter sollten die erbrachten Stunden im Idealfall täglich oder mindestens wöchentlich auf Projekte und Arbeitspakete kontieren. Bedenkt man, dass in manchen Projekten auf die Personalkosten 80 Prozent der gesamten Kosten entfallen, so wird deutlich, dass falsche Stundenrückmeldungen in erheblichem Umfang zu nicht korrekten Istkosten führen können.

Analyse der Abweichungsursachen Liegen kritische Abweichungen vor, durch die wichtige Projektziele gefährdet sind, muss man die Ursachen herausfinden. Dabei ist es wichtig, sich nicht mit oberflächlichen Antworten zufrieden zu geben. Nach der Methode der „Fünf Warum“ sollte der Projektcontroller mindestens fünfmal nach den Ursachen einer Abweichung fragen, bevor er sich mit den Antworten zufrieden gibt. Erst dann kann er die wahren Gründe für eine Abweichung erkennen, ohne die die Erarbeitung geeigneter Gegenmaßnahmen nicht möglich wäre.

Eine Abweichung sollte in jedem Fall auf die Kostenart, die verantwortlichen Teilprojekte/Arbeitspakete und das zeitliche Auftreten zurückgeführt werden (vgl. Abb. 1).

Kostenabweichung 1.jpg

Abb. 1: Dimensionen der Abweichungsanalyse

Kosten sollten im Rahmen von Abweichungsanalysen immer zusammen mit Leistungen betrachtet werden, um die wirklichen Abweichungsursachen identifizieren zu können. Betrachtet man Abb. 2, so kann man erkennen, dass ab April die Istkosten geringer als die Plankosten sind. Nur wenn man auch den Leistungsstand im Vergleich zur Planleistung kennt, kann man die Abweichungsursachen (geringerer Leistungsfortschritt oder eine besonders wirtschaftliche Leistungserbringung) korrekt identifizieren (Fiedler 2013, S. 48 ff.).

Kostenabweichung 2.jpg

Abb. 2: Kumulierte Ist- und Plankosten nach 8 Monaten (Plandauer: 11 Monate)

Beispiel einer Abweichungsanalyse mit Hilfe von Sollkosten

Eine Möglichkeit, den Leistungsstand in die Analyse mit einzubeziehen, ist der zusätzliche Ausweis von Sollkosten. Das sind diejenigen Kosten, die für eine gegebene Leistung planmäßig anfallen dürfen (Plankosten pro Leistungseinheit x Istleistung). Man spricht auch vom so genannten Earned Value. Die Earned Value Analyse ist eine aussagekräftige Methode zur integrierten Kosten- und Leistungskontrolle. Mit dieser Methode lassen sich zu einem bestimmten Stichtag folgende Fragen beantworten:

• Wie hoch sind die tatsächlichen Kosten der erbrachten Leistung (Istkosten kumuliert oder Actual Cost)?

• Wie hoch dürften die Kosten der erbrachten Leistung laut Plan sein (Sollkosten oder Earned Value)?

• Wie hoch dürften die Kosten bei der bis zum aktuellen Zeitpunkt geplanten Leistung sein (Plankosten kumuliert oder Planned Value)?

• Verläuft das Projekt wirtschaftlich (Sollkosten – kumulierte Istkosten, Cost Variance oder CV)?

• Wird die geplante Leistung erbracht (Sollkosten – kumulierte Plankosten, Schedule Variance oder SV)?

Ein Projekt, dessen Plandauer zwölf Monate beträgt und dessen gesamte Plankosten sich auf 76.500 € belaufen, soll nach neun Monaten untersucht werden. Zu diesem Zeitpunkt liegen folgende Kostendaten vor: Earned Value (EV) 9.255 €, Actual Cost (AC) 10.605 €, Planned Value (PV) 12.724 €.

Die folgende Abb. 3 zeigt den Verlauf der Kosten (AC, EV, PV). Die Differenz von EV und AC verdeutlicht denjenigen Teil der Gesamtabweichung, der durch einen unplanmäßigen Kosten- und Ressourcenverbrauch verursacht wurde. Sie wird in Abb. 3 als Cost Variance (CV) bezeichnet. Ursachen können entweder höhere Kostensätze oder/und ein gegenüber der Planung vermehrter Input für die Leistungserstellung sein.

Der Unterschied zwischen EV und PV ist ein Indikator für unplanmäßigen Leistungsfortschritt. Er ist in Abb. 3 mit Schedule Variance (SV) gekennzeichnet.

Kostenabweichung 3.jpg

Abb. 3: Beispiel zur Earned Value Analyse

Aus dem Beispiel können folgende Schlussfolgerungen gezogen werden:

• Von Projektbeginn an bleibt die tatsächliche hinter der geplanten Leistung zurück.

• Das Projekt ist bis April wirtschaftlich, da die AC-Kurve weitgehend identisch mit der EV-Kurve verläuft.

• Zwischen April und September entsteht eine erhebliche Kostenabweichung. Die Istkosten für die erbrachte Leistung sind höher, als dies eigentlich sein dürfte.

• Zum gegenwärtigen Zeitpunkt (Monat September) ist der erreichte Leistungsstand deutlich teurer erbracht worden als ursprünglich kalkuliert. Zugleich liegt ein erhebliches Leistungsdefizit vor.

Die Ursachen für die unwirtschaftliche Leistungserbringung und das Leistungsdefizit müssten in vertiefenden Analyse aufgedeckt werden.

Literatur

Fiedler, R., Controlling von Projekten. Projektplanung, Projektsteuerung, Risikomanagement und Fallbeispiele, 6. Aufl., Braunschweig/Wiesbaden 2014.

Fiedler, R., Kennzahlen zur wirksamen Projektsteuerung, in: Klein, A. (Hrsg.), Investitions- und Projektcontrolling, München 2013, S. 39-62.

Ersteinstellender Autor

Prof. Dr. Rudolf Fiedler, Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg, [1], [2]