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Konstruktionsbegleitende Kalkulation: Unterschied zwischen den Versionen

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Prof. Dr. Klaus Möller
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Homepage: [http://www.controlling.uni-goettingen.de] - www.controlling.uni-goettingen.de
 
  
 
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Aktuelle Version vom 27. Januar 2019, 14:27 Uhr

Prüfsiegel gültig bis 2020

Zusammenfassung

Die Konstruktionsbegleitende Kalkulation dient dazu, Kosteninformationen aus allen Phasen und Bereichen strukturiert zu sammeln und aufzubereiten und der Konstruktion sowie dem Controlling zur Verfügung zu stellen. Auf diese Weise können in den frühen Phasen der Produktentstehung die Kosten abgeschätzt und die Konstruktion entsprechend angepasst werden.

Einleitung

Kürzere Produktlebenszeiten in Verbindung mit dem gestiegenen Kostendruck erfordern eine schnelle Verfüg-barkeit präziserer Kosteninformationen für die Entscheidungsunterstützung. Erfahrungsgemäß werden die Grundlagen für eine wirtschaftlich und technisch optimale Produktgestaltung bereits in den frühen Konstruktionsphasen gelegt (80:20 Regel), allerdings ist die Abschätzung der Kostenwirkungen in dieser Phase am schwierigsten. Dieses „Dilemma der Konstruktionsbegleitenden Kalkulation“ basiert auf den gegenläufigen Informationsflüssen und Vorgehensweisen bei der Konstruktion („top-down“ verfeinernd und verzweigend) und der Kalkulation („bottom-up“ sammelnd und aggregierend). Ziel der Konstruktionsbegleitenden Kalkulation ist es, Kosteninformationen aus allen Phasen und Bereichen strukturiert zu sammeln und aufzubereiten und der Konstruktion sowie dem Controlling zur Verfügung zu stellen, so dass sich der Konstrukteur stärker auf seine (kreativen) Kernaufgaben konzentrieren kann und Kosteninformationen ohne größeren Aufwand bei Konzeption und Entwurf hinzuziehen kann. Damit können in frühen Phasen auch zutreffendere Kostenaussagen erfolgen, die Basis einer verursachungsgerechten Kalkulation sind.


Systematisierung.JPG

Abbildung 1: Systematisierung der Verfahren der Konstruktionsbegleitenden Kalkulation

Verfahren

Im Rahmen der klassischen Verfahren der Konstruktionsbegleitenden Konstruktion wird zwischen konstruktiv orientierten Verfahren einerseits und kalkulationsorientierten bzw. kostenorientierten Verfahren andererseits unterschieden. Diese Trennung orientiert sich an der Entstehung in den unterschiedlichen betriebswirtschaftlichen beziehungsweise ingenieurwissenschaften Disziplinen. Konstruktiv orientierte Verfahren stammen überwiegend aus dem Umfeld der Ingenieurwissenschaften und sollen den Entwickler bei der kostengerechten Konstruktion von Produkten unterstützen. Sie zeichnen sich durch ihre Technikzentriertheit und gegebenenfalls durch ihre Anbindung an technische Entwicklungssysteme wie etwa CAD-Systeme aus. Im Vordergrund steht der Aspekt der Konstruktion die mit betriebswirtschaftlichen Informationen unterstützt wird. Kalkulationsorientierte Verfahren dagegen wurden mehrheitlich in einem betriebswirtschaftlichen Umfeld entwickelt und legen den Fokus auf die ökonomische Sichtweise. Ihre primäre Aufgabe besteht darin, Kosteninformationen für die Entwicklung zu liefern. Häufig spricht man daher auch von Kosteninformationssystemen. Diese idealtypische Differenzierung wird in der Praxis nicht streng durchgehalten. Hier liefern konstruktiv orientierte Verfahren teilweise auch Kosteninformationen und kalkulationsorientierte Verfahren unterstützen die technische Entwicklung. Dies ist im Hinblick auf eine erwünschte Integration der beiden Teilaspekte auch positiv zu bewerten. Eine reine Technikorientierung und eine reine Kalkulationsorientierung sind somit als zwei theoretisch mögliche Extrempunkte von Kosteninformationssystemen zu betrachten. In der Praxis existieren dazwischen zahlreiche Abstufungen.

Bei einer weitergehenden Einteilung - insbesondere der konstruktiv orientierten Verfahren - kann zwischen qualitativen und quantitativen Verfahren differenziert werden. Qualitative Verfahren können zur Vorauswahl bei der Lösungssuche eingesetzt werden. Der Konstrukteur erhält Informationen, die ihm helfen, die Kosten seines Produktes zu beeinflussen. Qualitative Verfahren stellen somit ein Hilfsmittel zur Lieferung von Kosteninformationen bei der Lösungssynthese dar. Sie helfen, einen voraussichtlich kostengünstigen Entwurf zu erstellen. Die Kernfrage lautet: Wie wird das Produkt kostengünstiger? Quantitative Verfahren haben die Aufgabe, die mit einem Lösungsvorschlag verbundenen Kosten zu ermitteln. Sie unterstützen die Bewertung der verbliebenen Lösungsvorschläge und erleichtern die Auswahl zwischen Lösungsalternativen. Der Konstrukteur kann mit ihrer Hilfe die Einhaltung des Kostenziels überprüfen. Somit stellen sie ein Hilfsmittel zur Feststellung der Eigenschaft Kosten dar. Die Kernfrage lautet hier: Wie viel kostet das Produkt?

Konstruktiv orientierte Verfahren

Qualitative konstruktiv orientierte Verfahren

Qualitativ orientierte Verfahren der Konstruktionsbegleitenden Kalkulationen basieren in der Regel auf Erfah-rungswissen. Dabei lassen sich unterschiedliche Aggregationsstufen unterscheiden, wie dieses Wissen dem Nutzer zur Verfügung gestellt wird. Den einfachsten Fall stellen heuristische Regeln dar, um Beziehungen zwischen den zu erwartenden Kosten und verschiedenen in der Konstruktionsphase festgelegten Produktmerkmalen anzugeben. Einfache Regeln für eine kostengünstige Konstruktion sind z. B. „Verwendung großer Toleranzen“, „weniger Teile“ oder „viele Gleichteile“. Die Einfachheit dieser Regeln birgt jedoch auch die Gefahr in sich, dass innovative Lösungen verhindert werden können. Die nächste Stufe stellen Gut-/Schlecht-Beispiele dar. Sie dienen dazu, Regeln gut vermittelbar und einprägsam darzustellen. Sie können in Form von Richtlinien und Konstruktionsempfehlungen, die bekanntermaßen kostengünstig sind, dem Entwickler zur Verfügung gestellt werden. Heuristische Regeln und Gut-/Schlecht-Beispiele helfen, innerhalb einer vorhandenen Gruppe von alternativen Lösungsmöglichkeiten, die kostengünstigste Variante zu finden. Sie können jedoch nicht zur Ermittlung der absoluten Kosten eines Produkts eingesetzt werden. Dies wäre jedoch für die Einhaltung eines Kostenziels notwendig. Deshalb sind diese Verfahren für eine entwicklungsbegleitende Vorkalkulation nicht geeignet.

Eine stärkere Formalisierung von Erfahrungswissen stellt die Verwendung von Relativkostenkatalogen dar. Dabei handelt es sich um Bewertungszahlen, die das Kostenverhältnis alternativer möglicher Lösungen untereinander oder in Bezug zu einer Basiszahl angeben. Sie dienen dem Konstrukteur bereits bei der Produktentwicklung zur Kosteninformation. Wenn sich Produktionsmittel, Fertigungsverfahren oder Werkstoffpreise ändern, so müssen die Relativkosten neu berechnet und aktualisiert werden. Auch Relativkosten sind für Kalkulationen nur bedingt geeignet, da Voraussetzung für ihre Verwendung das Vorliegen eines Initialwertes ist.

Allen qualitativen Verfahren ist gemeinsam, dass innovative Lösungen mit ihnen kaum beurteilt werden können. Es wird immer von bestehenden oder vergangenen Lösungen auf neue Anwendungen geschlossen. Darüber hi-naus liefern sie - wie im Namen ausgedrückt - ausschließlich qualitative Hinweise. Eine Kalkulation mit quantitativen Werten ist somit nicht möglich.

Quantitative konstruktiv orientierte Verfahren

Die quantitativen Verfahren setzen genau an diesem Punkt an, indem Sie versuchen, einen quantitativen - in der Regel monetären - Wert für ein Produkt oder eine Variante zu liefern. Die Gewichtskostenmethode und die Materialkostenmethode sind hier einfache, aber äußerst verbreitete Bewertungsverfahren. Sie arbeiten mit einfachen Proportionalitäten und können damit im vorgesehenen Anwendungsbereich gute Ergebnisse liefern. Sie beruhen auf einem konstanten Anteil der Materialkosten an den Herstellkosten des Einzelteils. Diese Annahme ist bei hohen Materialkosten durch Quantität (wie etwa bei schweren Gussteilen) oder durch Qualität (wie etwa Edelmetallanteile) gegeben. Bei der Gewichtskostenkalkulation werden die Kosten (HK) bekannter Produkte auf ihr Gewicht (G) bezogen und so der Gewichtskostensatz HK/G [€/kg] ermittelt. Anschließend können die Kosten eines ähnlichen Produkts durch Multiplikation seines Gewichtes mit dem Gewichtskostensatz ermittelt werden. Da normalerweise kleine, leichtere Teile einen höheren Gewichtskostensatz aufweisen als größere, schwere Teile, wird die Genauigkeit erhöht, indem der Gewichtskostensatz in Abhängigkeit von der Baugröße angegeben wird. Die Gewichtskostenkalkulation ist besonders geeignet für Produkte mit hohem Materialkostenanteil.

Bei der Verwendung von Bemessungsgleichungen werden Formeln zur Material- und Teilefertigungskostenkal-kulation mit der technischen Auslegung, etwa mit der Festigkeitsberechnung verbunden. Dieses Vorgehen ver-folgt das Ziel, ein ganzheitliches Optimum zu ermitteln, indem technische und wirtschaftliche Faktoren in einer Gleichung verknüpft werden.

Absolutkostenkataloge stellen eine ebenfalls sehr weit verbreitete Methode zur Kostenermittlung dar. Sie ver-wenden Kostenangaben in €, die auf eine Einheit bezogen werden, z. B. Stammdatensätze mit Kosteninformatio-nen oder Preislisten für Zukaufteile. Der Vorteil liegt darin, dass die Informationen leicht zu beziehen sind. Sie sind ohne Aufbereitung verwendbar und werden meist routinemäßig aktualisiert. Außerdem können sie vom Konstrukteur für beliebige Aufgaben gebraucht werden. Als Nachteil erweist sich der oftmals hohe Aufwand zum Auffinden der gewünschten Daten und die Tatsache, dass die Anwendung auf Norm-, Standard- und Wiederholteile nur eingeschränkt möglich ist.

Kalkulations- bzw. kostenorientierte Verfahren

Kurzkalkulationen

Eine Gruppe von kalkulations- bzw. kostenorientierten Verfahren wird unter der Bezeichnung Kurzkalkulation zusammengefasst. Dabei handelt es sich um zeitlich und/oder sachlich vereinfachte Methoden zur Kostenermitt-lung für einen Kostenträger. Diese vereinfachten, schnell handhabbaren Kalkulationsverfahren erlauben in sehr frühen Phasen der Produktentwicklung anhand von in der Konstruktion zugänglichen Variablen eine Ermittlung der Selbst- und Herstellkosten. Die wesentlichen Zusammenhänge der Kostenverursachung werden durch die Verknüpfung von Haupteinflussgrößen abgebildet. Verschiedene Arten der Kurzkalkulationen verwenden unter-schiedliche Kostenblöcke, z. B. Herstell- oder Materialkosten. Meist beruhen sie auf statistischen Methoden wie etwa der Regressionsrechnung. Sie bieten den Vorteil, dass aus den Kalkulationsformeln auch Regeln für die konstruktive Gestaltung abgeleitet werden können. Kurzkalkulationen, die auf Ähnlichkeit beruhen, können weiter unterteilt werden in Kostenwachstumsgesetze und Suchkalkulationen.

Kurzkalkulationen aufgrund von Kostenwachstumsgesetzen finden in der Regel bei geometrisch ähnlichen Pro-dukten innerhalb von Baureihen Verwendung. Bei einer geometrisch ähnlichen Baureihe ist stets das Verhältnis aller jeweiligen Längen bei den Folgeentwürfen der Baureihe zum Grundentwurf konstant. Falls eine Proportio-nalität zwischen Kosten und Zeiten besteht, dann kann die Ähnlichkeitsbeziehung auch Zeiten enthalten. Geomet-rische Ähnlichkeit liegt vor, wenn sich die Produkte bei gleichen Proportionen nur durch den Stufensprung unterscheiden. Dabei handelt es sich um den Sonderfall, dass alle möglichen Einflussgrößen durch den Stufensprung als einzige Größe ersetzt werden können. Bei der geometrischen Halbähnlichkeit ändern sich bestimmte Maße mit verschiedenen Stufensprüngen. Daher müssen mehrere Einflussgrößen gleichzeitig berücksichtigt werden.

Das Verfahren der Suchkalkulation beruht auf dem Prinzip, die Kosten von Kalkulationsobjekten über den Ver-gleich mit ähnlichen, bereits produzierten und kalkulierten Objekten zu ermitteln. Die Genauigkeit der Methode wird im Wesentlichen vom verwendeten Nachkalkulationsverfahren und vom Suchalgorithmus determiniert. Als Kalkulationsobjekte können Funktionen, Produkte, Baugruppen oder Einzelteile verwendet werden. Dies ist jedoch abhängig vom Detaillierungsgrad der gespeicherten Informationen. Die Ermittlung der Kosten kann auf drei Arten erfolgen:

  • Einfache Suchkalkulation: Übernahme der Kosten des Objektes mit dem geringsten Abstand zum Kalkulationsobjekt im Merkmalraum.
  • Erweiterte Suchkalkulation: Berechnung der Kosten durch Inter- und Extrapolation aus mehreren Objekten, die nahe dem Kalkulationsobjekt im Merkmalraum liegen.
  • Kombinierte Suchkalkulation mit Kostenfunktion: Aufstellung einer Kostenfunktion mit Merkmalen als unabhängigen Variablen, Ermittlung des Objektes mit dem höchsten Grad an Übereinstimmung im Merkmalraum und Anpassung der Kostenfunktion an die spezifischen Merkmale des Kalkulationsobjektes.

Probleme können sich bei der Definition der Übereinstimmungsgrade und in der Abschätzung des daraus resultierenden Fehlers ergeben.

Kostenfunktionen

Kostenfunktionen dienen dazu, Kosten in Abhängigkeit eines variablen Parameters zu bestimmen. Dazu wird ein formelmäßiger Zusammenhang zwischen der Zielgröße Kosten und den Einflussgrößen hergestellt. Die Einfluss-größen charakterisieren das Problem und stehen mit der Zielgröße in Korrelation. Beispiele für solche Inputpara-meter sind etwa Ausbringungsmenge, Mitteleinsatz oder Produktmerkmale. Kostenfunktionen sind daher eine allgemeine Form von Bemessungsgleichung, bei denen der Inputparameter variabel gestaltet werden kann. Die der Kalkulation zugrunde liegenden Kostenfunktionen können nach der Vorgehensweise ihrer Ermittlung unter-schieden werden. Zum einen existieren empirisch ermittelte Kostenfunktionen. Sie können durch sinnvolle An-nahmen, Versuche oder Anwendung von Statistikmethoden entstanden sein. Dazu gehören etwa durch Regressi-onsrechnung oder Optimierungsrechnung bestimmte Kostenfunktionen. Zum anderen können Kostenfunktionen auf theoretischem Wege erstellt werden. Dazu muss ein Modell entwickelt werden, das den Mechanismus der Kostenentstehung nachbildet. Diese Vorgehensweise findet sich z. B. bei Kostenwachstumsgesetzen.

Als weitere Ansätze finden sich neuronale Netze, Simulationsmodelle und Cost Tables

IT-gestützte Verfahren der Konstruktionsbegleitenden Kalkulation

Aufgrund der Komplexität der bereits beschriebenen Methoden und insbesondere der einzupflegenden Daten ist eine IT-Unterstützung bei der Konstruktionsbegleitenden Kalkulation sehr sinnvoll. Die Systeme zur Kalkulation sind sehr unterschiedlich aufgebaut. Die meisten Lösungen wurden für einen speziellen Zweck entwickelt und liefern für genau diesen Zweck sehr gute Ergebnisse. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, dass es sich bei den meisten Programmen um Entwicklungen im Rahmen von Forschungsprojekten handelt. Nur in den sel-tensten Fällen wurden diese Lösungen für eine kommerzielle Nutzung weiterentwickelt. Damit ist gleichzeitig der Verbreitungsgrad äußerst eingeschränkt. Entsprechend hat sich bisher noch keine allgemeine Lösung durchgesetzt.

Bewertung der Verfahren der Konstruktionsbegleitenden Kalkulation

Obwohl man in der Theorie und Praxis über eine Vielzahl von Kalkulationsverfahren und Kosteninformationssystemen verfügt, wird der Informationsbedarf der Konstrukteure nur zu einem geringen Teil des gewünschten Umfangs erfüllt. Qualitative Methoden sind für die Anforderungen häufig unzureichend. Quantitative Verfahren benötigen zur Anwendung fast ohne Ausnahme Rechnerunterstützung, so dass die aufgeführten Kosteninformationssysteme zum zentralen Lösungselement der konstruktionsbegleitenden Kalkulation werden. Die durchgeführte Analyse der Funktionalitäten bekannter Kosteninformationssysteme und die Kritik in der Literatur ergeben viele Schwachpunkte, die einem Einsatz in der industriellen Praxis widersprechen. Aus den Schwachstellen und Nachteilen der analysierten Methoden und Kosteninformationssysteme ergeben sich die Anforderungen an ein konstruktionsbegleitendes Kosteninformationssystem. Dabei lässt sich folgender Kriterienkatalog aufstellen:

Allgemeine Kriterien

Einfachheit, Verständlichkeit und Transparenz

- Gewährleistung von Akzeptanz und Umsetzung

- Geringer Einarbeitungs- und Schulungsaufwand

Genauigkeit und Vollständigkeit

- Nutzung aller Kosteninformationen (zur Erzielung genauer Ergebnisse)

- Zuverlässige Interpretation ermöglichen

Durchgängigkeit

- Kosteninformationen über den gesamten Produktionsprozess zur Verfügung stellen

- Ausreichend genaue Kostenschätzung in den ersten Phasen des Produktentwicklungsprozesses ermöglichen

- Nähere Konkretisierung im Verlauf des Produktentwicklungsprozesses

Geringer Pflegeaufwand und Wirtschaftlichkeit

- Praxistauglichkeit des Systems

- Geringer Implementierungs- und Anwendungsaufwand

Differenzierte Kostenschätzungen

- Bereitstellung unterschiedlicher Kosten entsprechend der jeweiligen Entscheidungssituation

- Ausweis der Selbstkosten als Mindestanforderung

Unterstützung des Komplexitätsgrades der Konstruktion bzgl. Art und Phase

Kostenorientierung

Zielkostenintegration

Durchgängigkeit der Kostenschätzungen im Entwicklungs- bzw. Konstruktionsprozess (Vergleichbarkeit der Kostenschätzungen)

Verursachungsgerechte Kalkulation

Erfassung der indirekten Bereiche

Technische Orientierung

Bewertung von Einzelteilen und Teilaggregationen

- Trennung der Baugruppen

- Umfassende „Checkliste“ um Unterlassungen und Doppelbewertungen zu vermeiden

Einsatzmöglichkeiten von Fertigungsverfahren

- Überprüfung der Fertigbarkeit des Teils

- Unterstützung der Auswahl des Fertigungsverfahrens zur optimalen Erschließung des Technologiepotentials

- Berücksichtigung von fertigungsbezogenen Qualitätsmerkmalen

Unterstützung einer montagegerechten Produktgestaltung

- Minimierung des Montageaufwands

- Ganzheitliche Berücksichtigung der Montage

Suche nach Wiederhol- und Ähnlichteilen

- Integration von bereits vorhandenen Baugruppen und –teilen und deren Kosteninformationen

- Verringerung der Arbeitszeit und Fehlervermeidung

Bewertung mit unsicheren und unscharfen Informationen

- Ermöglichen des Einsatzes in frühen Konstruktionsphasen

- Unterstützung des Konstrukteurs mit verständlichen Informationen

CAD-Schnittstelle

- Integration in den Arbeitsablauf des Konstrukteurs

- Brücke zwischen der betriebswirtschaftlichen und der ingenieurswissenschaftlichen Seite

Literatur

Ehrlenspiel, Klaus/Kiewert, Alfons/Lindemann, Udo (2005): Kostengünstig Entwickeln und Konstruieren, Kosten-management bei der integrierten Produktentwicklung, Springer, Berlin, Heidelberg, New York

Eitrich, Oliver (1996): Prozessorientiertes Kostenmodell für die entwicklungsbegleitende Vorkalkulation, For-schungsberichte aus dem Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebstechnik der Universität Karlsruhe

Endebrock, Klaus (2000): Ein Kosteninformationsmodell für die frühzeitige Kostenbeurteilung in der Produktent-wicklung, Shaker, Aachen

Fischer, Jan O. (2003): Relativkosten-Kataloge als Kosteninformationssysteme für Konstrukteure, Methoden zur Beurteilung und Steigerung der Wirtschaftlichkeit von Relativ-Kosten-Katalogen, GUC, Chemnitz

Fischer, Jan O./Götze, Uwe/Leidich, Erhard (2005): EDV-gestützte Produktkostenprognose, in: Controlling, 17, S. 727-734

Horváth, P., Möller, K., Konstruktionsbegleitende Kalkulation - Methoden und IT-Unterstützung, in: Hausladen, I. (Hrsg.): Management am Puls der Zeit - Strategien, Konzepte und Methoden, München 2007, S. 1245-1270

Möller, Klaus (2002): Zuliefererintegration in das Target Costing, Vahlen, München


Ersteinstellende Autoren

Prof. Dr. Klaus Möller

Geschäftsführender Direktor

Universität St. Gallen (HSG)

Institut für Accounting, Controlling und Auditing (ACA-HSG)

Lehrstuhl für Controlling / Performance Management

Tigerbergstrasse 9 | CH-9000 St.Gallen

Tel. +41 71 224 7406

Homepage: www.aca.unisg.ch | Mail: klaus.moeller@unisg.ch

Honorary Professor of Management Accounting

Institute of Management Accountants (IMA), USA

Homepage: www.imanet.org