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Innerbetriebliche Leistungsverrechnung

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(Echte) innerbetriebliche Leistungsverrechnung

Folgender Text ist ein Auszug aus dem: Controller-Leitfaden, hrsg. von Dr. Lukas Rieder, CZSG Controller Zentrum St. Gallen, WEKA-Verlag, Zürich, 2010

Das verantwortungsgerechte betriebliche Rechnungswesen erfordert eine deutliche Unterscheidung zwischen echten und damit auch verursachungsgerecht verrechenbaren innerbetrieblichen Leistungen und Verrechnungen, welche nur via Umlagen vorgenommen werden können, da der direkte Verursachungszusammenhang zwischen bezogener Leistungsmenge und Kostenentstehung nicht existent ist. Diese Forderung ergibt sich aus dem Umstand, dass ein Kostenstellenleiter für diejenigen Kosten die Verantwortung übernehmen kann, deren Konsum und Höhe er selber beeinflussen kann, nicht jedoch für Umlagen, deren Höhe er nicht direkt verändern kann. Wichtig ist, dass derjenige Kostenstellenleiter, der eine Leistung, entweder nach seinem eigenen Entscheid oder durch den Prozess seiner Stelle gegeben, mehr oder weniger beziehen kann, diese auch seinem Verbrauch entsprechend belastet erhält.

Ansatzpunkt für die Unterscheidung zwischen echten innerbetrieblichen Leistungen und Umlagen ist die zugrunde liegende Leistungsbeziehung.

  • Die empfangende Kostenstelle muss entweder die von der leistenden Kostenstelle bezogene Leistungsmenge frei bestimmen können oder - noch besser - , die Freiheit haben, die Leistung auch extern beziehen zu können.
  • Ersatzweise muss ein ursächlicher (automatischer) Zusammenhang zwischen der Leistungsmenge der empfangenden Kostenstelle und der leistenden Kostenstelle vorhanden sein.
  • Mindestens ein Teil der Kosten der leistenden Kostenstelle muss direkt und ursächlich von der abgegebenen Leistungsmenge abhängig sein (proportionale Kosten). Umso mehr Leistungseinheiten die anderen beziehen, desto mehr Kosten (nicht Ausgaben) entstehen in der leistenden Kostenstelle.


Die leistende Kostenstelle muss somit in der Planung

  • eine Planbeschäftigung festlegen können (geplante Leistungsabgabe an andere Kostenstellen) und
  • Personal- und Sachkostenteile aufweisen, die sich proportional zur abgegebenen Leistung verhalten.
  • Einen proportionalen Plankostensatz bestimmen können.


Entsprechend den Regeln der flexiblen Plankostenrechnung werden der empfangenden Kostenstelle immer nur die proportionalen Kosten (Plan- oder Istleistung mal prop. Plankostensatz) verrechnet. So wird sichergestellt, dass der Leiter der leistenden Kostenstelle die Verantwortung für seine Mehr- oder Minderverbräuche übernehmen kann (Sollkosten – Istkosten), der Leiter der empfangenden Kostenstelle die von ihm bestellten Mehrleistungen auch zum leistungsabhängigen Satz in seinen Istkosten findet.

Dabei ist es unerheblich, ob die Kosten für die abgegebene Leistung in der empfangenden Kostenstelle proportional oder fix geplant werden. Beispiele: Bezug von Reparatur- oder Unterhaltsleistungen einer Werkstätte auf die Gebäude- oder Direktionskostenstelle. Mit anderen Worten kann die gleiche echte IBL in einer Kostenstelle voll proportional, weil abhängig von der Beschäftigung der empfangenden Kostenstelle (geplanter Unterhalt), vollständig fix (weil die empfangende Kostenstelle eine nicht am Produkt mitarbeitende Stelle ist) oder gemischt (Verrechnung kalk. Energiekosten mit prop. Teil für Maschinenbetrieb und Fixteil für Beleuchtung) geplant werden.

Beispiele für echte innerbetriebliche Leistungen:

  • Unterhaltsarbeiten, welche die Kostenstelle Unterhalt für andere Kostenstellen erbringt,
  • Kosten einer Energiestelle, welche sich mit höherer Leistungsmenge der empfangenden Kostenstelle automatisch erhöhen (auch als Hilfskostenstellen bezeichnet),
  • Kosten des Fuhrparks, welche pro geleistete Betriebsstunde (oder pro km) höher werden,
  • IT-Entwicklungsleistungen, welche von der empfangenden Kostenstelle explizit bestellt werden und nach verbrauchten Stunden intern verrechnet werden.
  • Übernahme von Bauleitungsarbeiten durch Mitarbeitende einer Immobilienstelle beim Bau eigener Anlagen/Gebäudeteile (Es wird Anlagenwert generiert, unabhängig davon ob dieser Wert aktiviert wird oder nicht).


Nur durch Umlage verrechenbare innerbetriebliche Leistungen sind:

  • Arbeiten, die aufgrund eines Service Level Agreement SLA erbracht werden, da ein SLA eine Verfügbarkeit und ein festes Lieferprogramm von Arbeiten definiert,
  • Vorhaltung von Kapazitäten personeller oder sachlicher Art
  • Interne Aufgaben in einer abgebenden Kostenstelle
  • Jeder Zwangskonsum. Solcher entsteht, wenn wegen unternehmensinterner Vorschriften die Verwendung bestimmter Services vorgeschrieben ist.


Beispiele für innerbetriebliche Leistungen, die nur durch Umlage verrechenbar sind:

  • Gebäudebereitstellung inklusive vordefiniertem Unterhalt (warm und gereinigt)
  • Bereithaltung einer Hard- und Softwarebasis, welche für alle Kostenstellen gegeben ist und auch von allen genutzt werden muss.
  • Personal-, Marketing- und Verwaltungsdienste, welche für das Gesamtunternehmen bzw. für verschiedene Produkte oder Abteilungen ausgeführt werden.

Diese Leistungen können nur durch Anwendung eines Umlageschlüssels an andere Kostenstellen verrechnet werden.


Übersichtstabelle für die Bestimmung echter (leistungsbezogen verrechneter) innerbetrieblicher Leistungen:

EMPFANGENDE KOSTENSTELLE LEISTENDE KOSTENSTELLE
entweder Freie Wahl für den Leistungsbezug sowohl Planbeschäftigung, proportionale Kosten und damit prop. Plankostensatz sind bestimmbar.
oder Ursächlicher Zusammenhang zwischen selbst erbrachter Leistungsmenge und Kosten der bezogenen Leistung. als auch Ursächlicher Zusammenhang zwischen abgebender Leistungsmenge und Kostenhöhe.







Die Wahl der empfangenden Kostenstelle, mehr oder weniger Leistung zu beziehen, muss innerhalb des Planjahres gewährleistet werden.

Erbringt eine Kostenstelle ihre Leistungen direkt auf einen Auftrag oder ein Produkt (für Dritte oder lagerfähig), sind die entsprechenden Kosten als proportionale Fertigungskosten definiert, nicht als innerbetriebliche Leistung. Sind echte innerbetriebliche Leistungen aktivierbar oder bedürfen sie wegen ihres Umfangs einer Nachkalkulation (Grossreparaturen, eigener Anlagenbau, Werkzeugbau), wird ihre Erstellung im Rahmen eines innerbetrieblichen Auftrags abgewickelt, d.h. sie werden datenmässig wie Kundenaufträge oder eben Kostenträger behandelt. Solche Aufträge werden meist schon bei der Festlegung des Produktionsprogramms berücksichtigt und gelangen so in die Planbeschäftigung der Stellen. Kleinere Arbeiten mit eher einmaligem Charakter werden aufgrund der Leistungserfassung direkt von Kostenstelle zu Kostenstelle zu proportionalen Plankostensätzen (Plankostensatz multipliziert mit den geleisteten Bezugsgrösseneinheiten) verrechnet. Die empfangende Kostenstelle trägt solchen Kosten schon in der Planung Rechnung. Beispielsweise plant die Spedition Servicekosten für ihre eigenen Fahrzeuge ein, weiss aber zum voraus, dass die entsprechenden Arbeiten in der unternehmenseigenen Garage ausgeführt werden. In der Vollkostenrechnung werden vor allem die Kosten folgender Kostenstellen mittels Schlüsseln auf die leistungsempfangenden Kostenstellen umgelegt:

  • Gebäude, Reinigung, Heizung, Portier und Gärtner;
  • Energieversorgung und Entsorgungsdienste, sofern Leistungsaufnahme nicht messbar;
  • Einkaufs- und Lagerkostenstellen aller Art;
  • Telefondienst, sofern keine Zählgeräte installiert sind;
  • Betriebsleitung, Arbeitsvorbereitung, Planung und Werkstattschreiber;
  • Fuhrpark und innerbetriebliche Transporte, sofern die Fahrleistung nicht kostenstellenweise erfasst wird;
  • EDV Dienste, vor allem für Systembedienung und wartung sowie allgemeine Datensicherung.


Eine Umlage mit Schlüsselgrössen ist der (vergebliche) Versuch, einen nicht existierenden Verursachungszusammenhang zwischen den Kosten eines Leistungsbezugs einer Kostenstelle und den Kosten ihrer eigenen Leistungsabgabe an andere Kostenstellen oder Aufträge herzustellen.




Umso komplexer das Leistungsgeflecht in einem Unternehmen wird, desto mehr erbringen Kostenstellen Leistungen für andere Kostenstellen, die mangels eindeutigem Verursachungszusammenhang nicht verantwortungsgerecht verrechenbar sind. In der Literatur wurden Unmengen mehr oder minder komplizierter Kostenumlageverfahren entwickelt (vgl. ausführlich bei Kilger, 1988, 426 ff.). Alle diese Verfahren versuchen das Unmögliche, nämlich einen sachlichen Zusammenhang zwischen Leistung und Kosten zu definieren, der in der Realität nicht existiert. Diese Anstrengungen werden unternommen, um im Rahmen der Vollkostenrechnung die vollen Herstellkosten oder die Selbstkosten zu berechnen. Man muss als Controller jedoch schlussfolgern, dass diese Grössen wegen des teilweise fehlenden Verursachungszusammenhangs nie sachlich richtig berechnet werden können.


Beispiel zur Planung einiger Kostenstellen bei einfacher gegenseitiger Leistungsbeziehung siehe: Controller-Leitfaden, hrsg. von Dr. Lukas Rieder,CZSG Controller Zentrum St. Gallen, WEKA-Verlag, Zürich, 2010

Literaturtipps:

Controller-Leitfaden, hrsg. von Dr. Lukas Rieder,CZSG Controller Zentrum St. Gallen, WEKA-Verlag, Zürich, 2010

Neues Brevier des Rechnungswesens, Rieder, L./ Siegwart, H., Bern/Stuttgart/Wien, 5. Auflage 2005.

Kosten-/Leistungsrechnung für die Verwaltung, Rieder, L., Bern/Stuttgart/Wien, 2004


Ersteinstellender Autor:

Dipl.-Kfm. Markus Berger-Vogel, CZSG Controller Zentrum St. Gallen, mailto:markus.berger-vogel@czsg.com , Tel: +41 (0) 71 244 93 33