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Berufsbild / Rollenbild Controller: Unterschied zwischen den Versionen

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== Berufsbild / Rollenbild Controller ==
 
== Berufsbild / Rollenbild Controller ==
  
Das '''Informations - und Rechnungswesen''' war anfangs der 70er Jahre die Arbeitsbezeichnung, um die Controllerfunktion deutschsprachig zu umschreiben. Es wird nicht einfach gerechnet, weil man es gesetzlich muss – heute nach Bilanzrichtliniengesetz oder nach steuerrechtlichen Vorschriften bzw. nach IAS/IFRS oder US - GAAP. Gerechnet wird zum Zweck der Information des Managements. Das Informations- und Rechnungswesen drückt aus zunächst, was sinngemäß die amerikanischen Kollegen mit '''„Management Accounting“''' umschreiben – also das Accounting for the Management. Aber Informationen sind vom Umfang und der Art her mehr als Rechnungswesen. Viele Kennzahlen in der <u>Balanced Scorecard</u> sind zwar Zahlen wie etwa ein Index für Kundenzufriedenheit oder Anzahl beantwortete E-Mails oder Auslieferung am selben Tag, aber sie werden aus anderen Datenerfassungswerken generiert als strikt nur aus dem Rechnungswesen.
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Das Informations- und Rechnungswesen war Anfang der 70er Jahre die Arbeitsbezeichnung, um die Controllerfunktion deutschsprachig zu umschreiben. Es wird aber nicht einfach nur gerechnet, weil man es gesetzlich muss – nach handelsrechtlichen oder steuerrechtlichen Vorschriften. Gerechnet wird zum Zweck, dem Management ergänzende Informationen zu beschaffen, die der Normengeber erst gar nicht fordert oder in anderer Form aufbereitet haben will, als es für unternehmensinterne Zwecke nötig ist. Das Informations- und Rechnungswesen drückt aus, was sinngemäß die amerikanischen Kollegen mit [https://www.controlling-wiki.com/de/index.php/Management_Accounting „Management Accounting“] umschreiben – also das Accounting for the Management. Im Klartext: Informationen sind vom Umfang und der Art her mehr als nur (externes) Rechnungswesen. Die Informationen werden um weitere Informationen angereichert und zu Kennzahlen verdichtet. Viele Kennzahlen, nicht nur z. B. in einer Balanced Scorecard, sind zwar Zahlen wie etwa ein Index für Kundenzufriedenheit oder die Anzahl beantworteter E-Mails oder eine Auslieferung am selben Tag , aber sie werden nicht allein aus dem Rechnungswesen, sondern auch aus anderen Datenerfassungswerken generiert. Typische Quellen wären beispielsweise Informationen über den Kunden aus dem Customer Relationship Management (CRM) oder BDE (Betriebsdatenerfassung)-Daten aus der Produktion.
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Der Typ Information, der durch ein management-geeignetes Rechnungswesen zu liefern ist, kann in zwei große Kategorien eingeteilt werden:
  
Der Typ Information, der durch ein  management-geeignetes Rechnungswesen zu liefern ist, kann in zwei große Kategorien gegliedert sein: Einmal ist '''Anleitung zu geben für Entscheidungen'''. Welche Alternative lohnt sich besser? Dies betrifft den Komplex des '''„Decision Accounting“'''. Die andere Type von Rechnung betrifft die persönlich adressierten Ziele. Das '''„Responsibility Accounting“''' fragt nach der Zuständigkeit und nach dem Kümmerer um die in den Zahlen ausgedrückten Sachverhalte; damit werden es Ziele. Kümmern kommt übrigens von Kummer; dazu braucht man Menschen, die sich Kummer machen. 
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'''Information/Rechnung als Entscheidungshilfe:''' Welche Alternative lohnt sich mehr? Dies betrifft den Komplex des '''„Decision Accounting“'''.  
  
Der Aspekt Führung durch Ziele in der Anwendung des Rechnungswesens liefert die Methodik und Denkweise für '''„Management by objectives“ – MbO.''' Ein Führungsmodell Informations- und Rechnungswesen ist ein Controlling-Führungsmodell mit den Spielregeln des '''Self-Controlling'''. Man kann Mitarbeiter umso eher selber machen lassen, je eher seriös geplant wird, je mehr man sich an das in der Planung Vereinbarte hält und bei Abweichungen sich beizeiten selber meldet. '''Eigenverantwortliche Selbststeuerung.'''
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• Rechnung zur Konkretisierung persönlicher Ziele. Das '''„Responsibility Accounting“''' fragt nach der Zuständigkeit und nach dem Kümmerer um die in den Zahlen ausgedrückten Sachverhalte; damit werden es Ziele. Kümmern kommt übrigens von Kummer: Es braucht also Menschen, die sich Kummer machen.
  
Auch das Informations- und Rechnungswesen drückt eine Rollenbeziehung aus. Dies wäre noch nicht ein Beruf. Jemand übernimmt die Rolle des Informierens, des Sparringspartners, des In-Frage-Stellens, des „Advocatus Diaboli“. Das Durcheinanderwerfen, um Schwächeres und Risiken zum voraus zu finden. So ist gute Controllerarbeit schon immer auch '''Risiko-Management.'''
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Der Aspekt Führung durch Ziele in der Anwendung des Rechnungswesens liefert die Methodik und Denkweise für '''„Management by objectives“ – MbO'''. Dieses Führungsmodell im Informations- und Rechnungswesen ist ein Controlling-Führungsmodell mit den Spielregeln des '''Self-Controllings'''. Mitarbeitern kann eine '''eigenverantwortliche Selbststeuerung''' umso eher gewährt werden, je seriöser sie planen, je eher sie sich an getroffene Vereinbarungen halten und sich bei Abweichungen schnellstmöglich melden. Ein anderer Begriff als MbO, der aktuell mehr in Mode ist, aber im Kern auf gleichen Ideen basiert, wäre Objectivs & Key Results (OKR). Egal ob MbO oder OKR – beide haben eine enge Verbindung zum Gedanken des Self Service BI.
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Auch das Informations- und Rechnungswesen drückt eine Rollenbeziehung aus. Der Beruf des Controllers besteht darin, die Rolle des Informierenden, des Sparringspartners, des In-Frage-Stellenden, des „Advocatus Diaboli“ zu übernehmen. Er sieht und findet die Schwächen und Risiken im Voraus. Gute Controllerarbeit ist damit immer auch '''Risiko-Management'''.
  
 
== Auftrag und Rolle des Controllers ==
 
== Auftrag und Rolle des Controllers ==
  
Das Aufgabenbild betrifft den Sachaspekt, das „WAS“. Was muss man gelernt haben und können, um eine Aufgabe zu erfüllen? Die Rolle ist der Verhaltensgesichtspunkt in Ausübung dieser Aufgabe - das persönliche „WIE“. Mit Rolle ist gemeint, dass ein Controller als der ökonomische Begleiter für das Management eingesetzt ist; Rolle heißt auch '''sich einmischen.''' Denn wie soll man beraten situationsgeprägt und entscheidungsrelevant, wenn man sich nicht einmischt? Controller müssen auch in der Lage sein, '''ungefragt zu beraten.''' Wie soll ein Controller eine Auswahl treffen im Bericht, wenn er / sie nicht weiß, woraufhin die Auswahl erfolgen soll? Das setzt den Dialog mit dem Management voraus – und zwar immer wieder nach dem „Jour-fixe-Prinzip“ möglichst. Man sieht sich regelmäßig. Das führt dazu, dass '''Controllerfunktion eher eine Rolle ist''', die jemand übernimmt, der von Haus aus auch etwas anderes gelernt haben kann als z.B. Rechnungswesen. Ein Produktmanager kann auch die Rolle des Controllers spielen zumal des Marketing-Controllers. Ein auf der Schiene Arbeitsvorbereitung kommender technische(r) Frau / Mann kann in die Controllerrolle hineinwachsen, z.B. über die Kalkulation als Umsteigebahnhof zwischen Produktion, Einkauf, Konstruktion und Verkauf. Der Zentralbereich Controller ist wohl von Haus aus der Typ mit der Kernkompetenz Rechnungswesen oder / und IT. Ein dezentraler Controller kann in dem Bereich heranwachsen, den er betreut. Bei einem Forschungs-Controller z.B. dürfte dies geradezu empfehlenswert sein.
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Das Aufgabenbild betrifft den Sachaspekt, das „WAS“. Was muss man gelernt haben und können, um eine Aufgabe zu erfüllen?  
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Die Rolle hingegen zielt auf das Verhalten, während diese Aufgabe ausgeführt wird, ab ‒ also das persönliche „WIE“.  
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In seiner Rolle ist der Controller als ökonomischer Begleiter für das Management eingesetzt; d. h., er mischt '''sich ein'''. Nur so kann er situationsgeprägt und entscheidungsrelevant beraten. Controller müssen in der Lage sein, '''ungefragt zu beraten'''. Damit ein Controller eine Auswahl im Bericht treffen kann, muss er wissen, woraufhin er auswählen soll. Das setzt den regelmäßigen Dialog mit dem [https://www.controlling-wiki.com/de/index.php/Psycho-Logik_im_Controlling Managementvoraus – und zwar immer wieder nach dem „Jour-fixe-Prinzip“.
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Um die '''Controllerfunktion''' auszufüllen, muss man nicht zwingend aus dem Rechnungswesen kommen. Ein Produktmanager kann ebenso die Rolle des Controllers einnehmen besonders geeignet ist er z. B. als Marketing-Controller. Auch Mitarbeiter/-innen, die aus der technischen Arbeitsvorbereitung kommen, können in die Controllerrolle hineinwachsen, z. B. über die Kalkulation als Zwischenstation aus Produktion, Einkauf, Konstruktion oder Verkauf.  
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Die Kernkompetenz des Controllers liegt wohl im Rechnungswesen oder/und der IT. Ein dezentraler Controller kann aber in den Bereich heranwachsen, den er betreut. Für einen Controller z. B. im Bereich der Forschung dürfte dies sogar empfehlenswert sein. Je spezifischer die Tätigkeit einer Abteilung ist, desto wichtiger ist es für das Controller-Team, für die Sachthemen (WAS) das nötige Know-how in gleichem Maße, d. h. in ähnlicher Detailtiefe, wie die Manager zu besitzen. Das ist zugleich der Hauptunterschied zur zentralen Controller-Abteilung, die vor allem über Methoden-Kompetenz verfügen muss, weil sie Richtlinienkompetenz ausübt.
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== Entwicklungen im Berufsbild – Spezialisten vs. Generalisten ==
  
== Kann man dauerhaft Controller sein? ==
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Wie andere Berufsbilder auch hat sich das Controlling über die letzten Jahrzehnte erheblich gewandelt. Ausgehend vom Kernthema Kostenrechnung, insbesondere im Bereich der Produktion, sind über die Jahre die unterschiedlichsten Themenfelder hinzugekommen. Damit war über Jahre eine erhebliche Spezialisierung im Controlling zu beobachten. So finden sich heute in großen Unternehmen Kolleginnen und Kollegen, die ausschließlich Einkaufs-Controlling, Produktions-Controlling, F&E-Controlling, Vertriebs-Controlling, Risiko-Controlling usw. betreiben. Gelegentlich wird an dieser Stelle auch vom sogenannten „Bindestrich-Controlling“ gesprochen. Diese Entwicklung kann als positiver Beleg dafür gewertet werden, dass Controller-Leistung vom Management anerkannt wird und flächendeckend alle Bereiche der Firma umfasst. Andererseits führt zunehmende Spezialisierung aber auch dazu, dass es zumindest in Zentralbereichen eine Controlling-Abteilung braucht, die den Überblick über das Gesamte behält. Nur so können das sogenannte „Silo-Denken“ unterbunden und nicht miteinander kompatible Bereichslösungen (insbesondere im Bereich der Kennzahlen) verhindert werden. Zu einer guten Controlling-Arbeit gehört daher immer auch die Fähigkeit, Sachverhalte im Zusammenhang beurteilen zu können. Beispielsweise kann ein eiliger Zusatzauftrag eines Kunden erhebliche Mehrkosten im Rahmen der Produktion verursachen. Ein guter Vertriebs-Controller braucht damit auch Grundkenntnisse im Produktions-Controlling. Vor jeder Spezialisierung steht daher gutes Generalistenwissen.
  
Im Bild der Rolle läge auch, dass sie nicht unbedingt auf berufliche Lebenszeit ausgeübt werden muss. Vielleicht ist es auch so, dass man die Kraft des Sparringpartners verliert, wenn man eine solche Controllerrolle zu lange ausübt. Die Faszination der Nähe erzeugt auch Befangenheit. Stallgeruch in einer Sparte oder als Werkscontroller bzw. Funktionsbereichscontroller erzeugt auch abnehmende Kraft unbefangenen Fragens. Muss man also nicht dann die Rolle wechseln? Verbraucht man sich in dieser Rolle? Reicht die Kraft zur Unverdrossenheit aus, um eine solche Tätigkeit als lebenslängliche Berufung auszuüben?
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Generalisten-Know-how ist zudem auch wichtig, um die von anderen Abteilungen erhaltenen Daten richtig einschätzen zu können. Das simple Wort „Umsatz“ ist dafür ein schönes Beispiel. Unter den IFRS/US-GAAP ist das Problem der sogenannten „revenue recognition“ zu nennen. Aber auch im lokalen Handelsrecht (HGB, UGB, OR) genügt schon der Hinweis auf unterschiedliche Umsatz-Definitionen (mit/ohne USt, mit/ohne Erlösminderungen bzw. Sondereinzelkosten des Vertriebs oder Handelsvertreterprovisionen), um klarzumachen, dass viele abgeleitete Kennzahlen – in diesem Beispiel die Umsatzrendite – keineswegs eine triviale Größe darstellen. Kenntnisse über vor- oder nachgelagerte Abteilungen, von denen Zahlen bezogen oder an die Zahlen weitergegeben werden, sind darum eine unabdingbare Bedingung für eine gute Controlling-Tätigkeit.
  
== Etabliert sich ein Berufsbild des Controllers? ==
 
  
In der Differenzierung des Wissens wäre es normal, dass sich auch die Berufe differenzieren. Aus dem Urschleim der Controllerrolle – erst vage umschrieben und oftmals unbewusst ausgeübt – bildet sich Struktur, Methodik, Selbstverständnis und gezielte Weiterentwicklung. Vor allem auch die Entwicklung, der man sich als Controller selber verschreiben will, verlangt zu überlegen, zu welchen Aufgaben und Zielen und in Richtung welcher Sollvorstellung man sich zu entwickeln hätte. Das verlangt nach einem Berufsbild, nach einem Anforderungsprofil. Vielleicht fällt es auch leichter, die Eintrittskarte als Controller einfach dadurch zu geben, dass es ein neuer Beruf ist, der eben auch dazugehört wie andere Berufe, die sich neu gegründet haben; und für die es '''keinen deutschsprachigen Begriff''' gibt. Immerhin steht heute das '''Wort Controller auch im Duden''' unter der deutschen Rechtschreibung; desgleichen das Wort Controlling.  In der IGC International Group of Controlling wurde im Team entwickelt sowie im September 2002 beschlossen die '''Formulierung eines <u>Controller-Leitbildes'''</u>.
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== Entwicklungen im Berufsbild – Harmonisierung des Rechnungswesens ==
  
== Der Controller plus Information C & I ==
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In Großkonzernen kam Ende der 90er Jahre / Anfang der 2000er der Gedanke auf, das Rechnungswesen zu vereinfachen und die Trennung in externes (= handelsrechtliche Informationen) und internes (= steuerungsrelevante Informationen) Rechnungswesen zu verhindern. Heute beschreibt man dies mit „es wächst zusammen, was zusammen gehört“. Allerdings hat sich das Verständnis gewandelt. Ursprünglich ging es darum, die Kosten im Rechnungswesen zu senken und die Anforderungen der (vor allem angelsächsischen) Shareholder umzusetzen, alle internen Steuerungsinformationen ausschließlich aus dem handelsrechtlichen Abschluss zu beziehen also keine zweite, den Shareholdern nicht nachprüfbare, Informationsquelle zu verwenden.
  
Dass ein Controller in seinem Anforderungsprofil beherrschen muss das Rechnungswesen – also z.B. stufenweise Deckungsbeitragsrechnung, Kalkulation, Kostenstellenrechnung, Wirtschaftlichkeitsrechnung, Investitionsrechnung, Kapitalflussrechnung sowie die Links zum externen Rechnungswesen ist unbestritten. Dazu gesellt sich die Kompetenz der Controller, das Management auch in strategischer Planung zu betreuen und zu begleiten. Also gehören '''Unternehmensplanung und Rechnungswesen''' zwingend in die für die Erfüllung der Controllerarbeit nötigen Disziplinen. Dazu könnte kommen die Kompetenz in Information im Sinn der Datenverarbeitung.
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Diese Sicht gilt heute nicht mehr als angemessen. Sogar die IFRS haben indirekt die prinzipielle Überlegenheit interner Steuerungskennzahlen anerkannt. Als Beispiel können die Regeln zur Segmentberichterstattung, IFRS 8 „Operative Segmente“, dienen. Darin ist festgelegt, dass auch im Geschäftsbericht die vom Unternehmen verwendete Steuerungssicht darzustellen ist, selbst wenn diese nicht nach den Regeln des IFRS 8 erstellt wurde.
  
Diese Richtung des '''Controllers und Informations-Managers''' erhielt viele Impulse durch den Computer. Der Controller ist auch der Anwendungsberater bei der individuellen Datenverarbeitung. Dann bedarf es zu Rechnungswesen und Unternehmensplanung dazukommend Programm-, Datei- und Verknüpfungskompetenz; speziell in der Interpretation und Anwendungshilfe bei Standard-Software wie z.B. SAP.
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Dies spiegelt sich auch in großen Softwarelösungen, wie zum Beispiel SAP S4/Hana wieder. Mit dem sogenannten „universal ledger“ sind zwar beide Welten vereint aber auch weiterhin beide Welten vorhanden. Das gesetzliche Rechnungswesen hat nicht die Controlling-Sicht verdrängt. Eher umgekehrt wird erwartet, dass Controller weitreichende Kenntnisse im Rahmen von Bilanzierungsfragen oder Cashflow mitbringen. Auch wenn sie die Buchungen weiterhin (typischerweise) nicht selbst durchführen, so liefern sie doch häufig benötigte Informationen an die Finanzbuchhaltung. Dies gilt umso mehr, da Abschlüsse nach dem lokalen Handelsrecht für Tochterunternehmen von Großkonzernen weiterhin erforderlich sind und es meist keine mathematische Überleitung der Zahlen in die Logik des Konzernabschlusses nach internationalem Handelsrecht gibt. Die Sachverhalte müssen daher in der Buchhaltung oft auch zweimal verbucht werden. Als typische Beispiele können Pensionsrückstellungen oder die Bilanzierung von Leasingverträgen (IFRS 16) genannt werden.  
  
Eine Schwäche des Controllers plus Information könnte sein, dass  man als Computerfreak seiner Kundschaft davon rennt. Diskussionen um die Frage, dass es immer noch bessere Geräte und komfortablere Programme gibt, könnten daran vorbeiführen, sich stets zu überlegen, wozu man das braucht und wer damit umzugehen hätte in der Entscheidungspraxis. Typisch für den Controllerberuf ist die '''Verkaufsarbeit der Information'''. Wenn also Computer, dann nebeneinander sitzend begleitendes Tippen. Dies charakterisiert den informatikkompetenten Controller. Also nicht der ist Controller, der isoliert für sich am Bildschirm sitzt und fasziniert durch riesige Spreadsheets wandert. Controller ist, wer ausgewählt zu informieren versteht – ausgewählt heißt auch im Rahmen der Zugriffe, die in den Dateien des Personal Computer sowie in den individualisierten Workplaces verfügbar sind.
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Kalkulatorische Größen bestehen damit weiterhin neben den bilanziellen Wertansätzen des Gesetzgebers. In manchen Branchen, wie zum Beispiel der Automobilindustrie, wird dies im Rahmen der sogenannten „Open-Book-Kalkulation“ sogar explizit gefordert, weil die tatsächliche Nutzungszeit vieler Maschinen wesentlich länger ist, als die nach lokalem Handelsrecht vorgesehene Abschreibungsdauer. Daraus resultieren Differenzen in der Abschreibungshöhe, die angesichts der hohen Stückzahlen in der Branche einen erheblichen Unterschied in den Herstellungskosten ausmachen. Es gibt aber auch Wirtschaftszweige, für die diese Unterschiede nicht relevant sind, sodass diese Branchen ohne kalkulatorische Größen rechnen.
  
== Der Controller plus Chief Financial Executive CFO ==
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== Entwicklungen im Berufsbild – Digitalisierung ==
  
Dann gibt es ein anderes Berufsbild für die Controllerfunktion, das den Grundstock von internem Rechnungswesen und Unternehmensplanung verknüpft mit Finanzbuchhaltung, Jahresabschluss, steuerlichen Sachverhalten, juristischer Denkweise und vielleicht auch mit dem Komplex der Finanzen. Dies wäre der zentrale Controller plus F(inanzen). Vom Berufsbild her wäre es der formal auf größere Korrektheit Angewiesene, in Finanzbuchhaltung und internem Rechnungswesen stets integriert Denkende. Dabei sind die Kategorien von Jahresabschluss nach Bilanzrichtliniengesetz oder steuerrechtlichen Sachverhalten von juristischer Verflechtung nicht zu trennen. „Richtig“ ist, was nach Gesetz und Satzung richtig ist.  
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Das Berufsfeld des Controllers verändert sich in jüngster Zeit auch aufgrund höherer Volatilität der Märkte, Internationalisierung und nicht zuletzt durch die Digitalisierung. Während die ersten beiden hauptsächlich das Risiko-Management und entsprechende Sicherungsmaßnahmen (insbesondere im Rahmen des Finanz-Controllings, wie zum Beispiel Hedging) betreffen, stellte Digitalisierung eine komplette Veränderung der künftigen Controller-Tätigkeiten und Controller-Aufgaben in Aussicht. Es ist davon auszugehen, dass die oft als „nächste industrielle Revolution“ bezeichnete Digitalisierung massive Auswirkungen auch auf das im Controlling benötigten Skill-Set haben wird.  
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Kenntnisse in den Bereichen Process Mining, Business Intelligence (BI), Big Data oder  Information Design dürften dazu gehören. Einfache Methoden bzw. Instrumente der fortgeschrittenen Datenanalyse kennen MS-Excel-Anwender z. B. in der Form von „PowerPivot“ und „Get and Transform“ (vormals „PowerQuery“). Die Anwendung dieser Lösungen (oder entsprechender eigenständiger Software-Lösungen) sind schon heute auf dem Vormarsch. Vermutlich werden aber auch Kenntnisse in Predictive and Advanced Analytics bis hin zu Machine Learning (z. B. mit „R“ oder „Python“) für analytisch ausgerichtete Kolleginnen und Kollegen zum Repertoire dazu gehören müssen, wenn man die Schnittstelle zum Data Scientist bildet oder Teile des Berufsbildes als sogenannter Citizen Data Scientist selber ausfüllen möchte.  
  
Schwäche eines Controllers plus F könnte sein, dass man einen größeren Formalismus vertreten muss, als es dem Controlling- Prozess bekömmlich ist. Auch hat das Berufsbild die Gefahr, dass man sich in Rechen- und Gesetzeswerken isoliert (und verliert) – auch wenn der Trend zu internationalen Rechnungslegung das Zusammenwachsen von internem und externem Rechnungswesen stark fördert.
 
Der Typ der amerikanischen Corporate Controller ist als Zentralbereich eher sowohl CFO als auch Chief Controller. Das hieße Kompetenz auch im Financial Reporting auch gegenüber Shareholders und Finanzanalysten. Nicht der typische Treasurer, der die Finanzierung und die Finanzgeschäfte macht und nicht Data Processing. Also geeignet für Zentralbereiche der Typ  Controller und Informationsmanager zum einen sowie der Typ Controller und Chief Financial Officer zum anderen als Controller-Persönlichkeiten.
 
  
== Der Controller und Trainer/Moderator – C & M ==
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Nach heutiger Einschätzung betrifft die Veränderung aber nicht nur direkte Fähigkeiten im Bereich Statistik oder IT, sondern auch Kompetenzen an „Soft Skills“. Insbesondere das Change-Management ist hier zu nennen, weil die Veränderung von Soft- und Hardware gegen den Widerstand von Mitarbeitern nicht nur die Kosten der Projekte erhöht, sondern vor allen Dingen auch deshalb, weil das heute in den Köpfen der Mitarbeiter vorhandene Know-how in die digitalen Prozesse einfließen soll. Die Grundvoraussetzung dafür ist aber, dass die Mitarbeiter freiwillig den Prozess mitgestalten. Dazu gehört, dass man bei den Mitarbeitern Veränderungsblockaden lösen lernt und gleichzeitig die Stakeholder erfolgreich mitnimmt. Das verlangt nicht nur Moderationsfähigkeit, sondern gelegentlich auch kreatives Querdenken, um ein Projekt agil betreiben zu können. Um Change-Kompetenz zu erwerben, muss man sich mit der eigenen Persönlichkeit und der daraus resultierenden Kommunikation[sfähigkeit] auseinandersetzen. Die Sachebene zu beherrschen und die „richtigen“ Argumente zu haben ist nur selten der Weg, eine andere Person zu überzeugen und zu motivieren.
  
Dies ist der dritte Typ einer Controllerpersönlichkeit; der lupenreine Berufs- und Rollenträger ohne Apparat. '''Wer dezentraler Controller ist in Sparten, Werken, Funktionsbereichen und Niederlassungen''', kommt diesem Rollenbild nahe.
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== Würdigung und Zusammenfassung ==
  
Auch der Beteiligungs - Controller weltweit ist Controlling – Trainer/ - Moderator. Steigt zu vor Ort, berät, begleitet, wirkt als Coach, „Self - Controlling“ fördernd, steigt wieder aus, geht zum nächsten Begleitungsfall, hat immer einen offenen Koffer neben sich. Dieses Controller - Rollenbild fordert am stärksten, vom Sinn seines/ihres Auftrags überzeugt zu sein. Dazu gehört am deutlichsten auch '''Verhaltens - Könnerschaft.'''
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Die Veränderungen im Berufsbild werden erhebliche Auswirkungen auf die künftige Arbeitsweise haben. Der Trend geht eindeutig zu höherer Automatisierung und Spezialisierung. Damit dies zu sinnvollen Unternehmenslösungen führt, ist eine Ausbildung zum Generalisten unerlässlich. Außerdem wird es nicht möglich sein, sowohl in Finanz /Rechnungswesen als auch Change-Management und Digitalisierung gleichermaßen „zu Hause zu sein“. Es wird zu einer weiteren Ausdifferenzierung des Berufsbildes kommen.  
  
 
== Quelle ==
 
== Quelle ==
  
Controller Handbuch, 6. Auflage neu geschrieben, Verlag für ControllingWissen AG, Offenburg
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Controller Praxis, 18. Auflage, Verlag für ControllingWissen AG, Offenburg
  
 
== Ersteinstellende Autoren ==  
 
== Ersteinstellende Autoren ==  
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Albrecht Deyhle, [http://www.controllerakademie.de/ Controller Akademie]
 
Albrecht Deyhle, [http://www.controllerakademie.de/ Controller Akademie]
  
Gerhard Radinger, [http://www.controllerakademie.de/ Controller Akademie]
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Guido Kleinhietpaß, [http://www.controllerakademie.de/ Controller Akademie]
  
 
[[Kategorie:Geschichte und Philosophie]]
 
[[Kategorie:Geschichte und Philosophie]]

Aktuelle Version vom 16. August 2019, 15:20 Uhr

Prüfsiegel gültig bis 2022

Berufsbild / Rollenbild Controller

Das Informations- und Rechnungswesen war Anfang der 70er Jahre die Arbeitsbezeichnung, um die Controllerfunktion deutschsprachig zu umschreiben. Es wird aber nicht einfach nur gerechnet, weil man es gesetzlich muss – nach handelsrechtlichen oder steuerrechtlichen Vorschriften. Gerechnet wird zum Zweck, dem Management ergänzende Informationen zu beschaffen, die der Normengeber erst gar nicht fordert oder in anderer Form aufbereitet haben will, als es für unternehmensinterne Zwecke nötig ist. Das Informations- und Rechnungswesen drückt aus, was sinngemäß die amerikanischen Kollegen mit „Management Accounting“ umschreiben – also das Accounting for the Management. Im Klartext: Informationen sind vom Umfang und der Art her mehr als nur (externes) Rechnungswesen. Die Informationen werden um weitere Informationen angereichert und zu Kennzahlen verdichtet. Viele Kennzahlen, nicht nur z. B. in einer Balanced Scorecard, sind zwar Zahlen ‒ wie etwa ein Index für Kundenzufriedenheit oder die Anzahl beantworteter E-Mails oder eine Auslieferung am selben Tag ‒, aber sie werden nicht allein aus dem Rechnungswesen, sondern auch aus anderen Datenerfassungswerken generiert. Typische Quellen wären beispielsweise Informationen über den Kunden aus dem Customer Relationship Management (CRM) oder BDE (Betriebsdatenerfassung)-Daten aus der Produktion. Der Typ Information, der durch ein management-geeignetes Rechnungswesen zu liefern ist, kann in zwei große Kategorien eingeteilt werden:

Information/Rechnung als Entscheidungshilfe: Welche Alternative lohnt sich mehr? Dies betrifft den Komplex des „Decision Accounting“.

• Rechnung zur Konkretisierung persönlicher Ziele. Das „Responsibility Accounting“ fragt nach der Zuständigkeit und nach dem Kümmerer um die in den Zahlen ausgedrückten Sachverhalte; damit werden es Ziele. Kümmern kommt übrigens von Kummer: Es braucht also Menschen, die sich Kummer machen.

Der Aspekt Führung durch Ziele in der Anwendung des Rechnungswesens liefert die Methodik und Denkweise für „Management by objectives“ – MbO. Dieses Führungsmodell im Informations- und Rechnungswesen ist ein Controlling-Führungsmodell mit den Spielregeln des Self-Controllings. Mitarbeitern kann eine eigenverantwortliche Selbststeuerung umso eher gewährt werden, je seriöser sie planen, je eher sie sich an getroffene Vereinbarungen halten und sich bei Abweichungen schnellstmöglich melden. Ein anderer Begriff als MbO, der aktuell mehr in Mode ist, aber im Kern auf gleichen Ideen basiert, wäre Objectivs & Key Results (OKR). Egal ob MbO oder OKR – beide haben eine enge Verbindung zum Gedanken des Self Service BI. Auch das Informations- und Rechnungswesen drückt eine Rollenbeziehung aus. Der Beruf des Controllers besteht darin, die Rolle des Informierenden, des Sparringspartners, des In-Frage-Stellenden, des „Advocatus Diaboli“ zu übernehmen. Er sieht und findet die Schwächen und Risiken im Voraus. Gute Controllerarbeit ist damit immer auch Risiko-Management.

Auftrag und Rolle des Controllers

• Das Aufgabenbild betrifft den Sachaspekt, das „WAS“. Was muss man gelernt haben und können, um eine Aufgabe zu erfüllen? • Die Rolle hingegen zielt auf das Verhalten, während diese Aufgabe ausgeführt wird, ab ‒ also das persönliche „WIE“.

In seiner Rolle ist der Controller als ökonomischer Begleiter für das Management eingesetzt; d. h., er mischt sich ein. Nur so kann er situationsgeprägt und entscheidungsrelevant beraten. Controller müssen in der Lage sein, ungefragt zu beraten. Damit ein Controller eine Auswahl im Bericht treffen kann, muss er wissen, woraufhin er auswählen soll. Das setzt den regelmäßigen Dialog mit dem Management voraus – und zwar immer wieder nach dem „Jour-fixe-Prinzip“.

Um die Controllerfunktion auszufüllen, muss man nicht zwingend aus dem Rechnungswesen kommen. Ein Produktmanager kann ebenso die Rolle des Controllers einnehmen – besonders geeignet ist er z. B. als Marketing-Controller. Auch Mitarbeiter/-innen, die aus der technischen Arbeitsvorbereitung kommen, können in die Controllerrolle hineinwachsen, z. B. über die Kalkulation als Zwischenstation aus Produktion, Einkauf, Konstruktion oder Verkauf. Die Kernkompetenz des Controllers liegt wohl im Rechnungswesen oder/und der IT. Ein dezentraler Controller kann aber in den Bereich heranwachsen, den er betreut. Für einen Controller z. B. im Bereich der Forschung dürfte dies sogar empfehlenswert sein. Je spezifischer die Tätigkeit einer Abteilung ist, desto wichtiger ist es für das Controller-Team, für die Sachthemen (WAS) das nötige Know-how in gleichem Maße, d. h. in ähnlicher Detailtiefe, wie die Manager zu besitzen. Das ist zugleich der Hauptunterschied zur zentralen Controller-Abteilung, die vor allem über Methoden-Kompetenz verfügen muss, weil sie Richtlinienkompetenz ausübt.

Entwicklungen im Berufsbild – Spezialisten vs. Generalisten

Wie andere Berufsbilder auch hat sich das Controlling über die letzten Jahrzehnte erheblich gewandelt. Ausgehend vom Kernthema Kostenrechnung, insbesondere im Bereich der Produktion, sind über die Jahre die unterschiedlichsten Themenfelder hinzugekommen. Damit war über Jahre eine erhebliche Spezialisierung im Controlling zu beobachten. So finden sich heute in großen Unternehmen Kolleginnen und Kollegen, die ausschließlich Einkaufs-Controlling, Produktions-Controlling, F&E-Controlling, Vertriebs-Controlling, Risiko-Controlling usw. betreiben. Gelegentlich wird an dieser Stelle auch vom sogenannten „Bindestrich-Controlling“ gesprochen. Diese Entwicklung kann als positiver Beleg dafür gewertet werden, dass Controller-Leistung vom Management anerkannt wird und flächendeckend alle Bereiche der Firma umfasst. Andererseits führt zunehmende Spezialisierung aber auch dazu, dass es zumindest in Zentralbereichen eine Controlling-Abteilung braucht, die den Überblick über das Gesamte behält. Nur so können das sogenannte „Silo-Denken“ unterbunden und nicht miteinander kompatible Bereichslösungen (insbesondere im Bereich der Kennzahlen) verhindert werden. Zu einer guten Controlling-Arbeit gehört daher immer auch die Fähigkeit, Sachverhalte im Zusammenhang beurteilen zu können. Beispielsweise kann ein eiliger Zusatzauftrag eines Kunden erhebliche Mehrkosten im Rahmen der Produktion verursachen. Ein guter Vertriebs-Controller braucht damit auch Grundkenntnisse im Produktions-Controlling. Vor jeder Spezialisierung steht daher gutes Generalistenwissen.

Generalisten-Know-how ist zudem auch wichtig, um die von anderen Abteilungen erhaltenen Daten richtig einschätzen zu können. Das simple Wort „Umsatz“ ist dafür ein schönes Beispiel. Unter den IFRS/US-GAAP ist das Problem der sogenannten „revenue recognition“ zu nennen. Aber auch im lokalen Handelsrecht (HGB, UGB, OR) genügt schon der Hinweis auf unterschiedliche Umsatz-Definitionen (mit/ohne USt, mit/ohne Erlösminderungen bzw. Sondereinzelkosten des Vertriebs oder Handelsvertreterprovisionen), um klarzumachen, dass viele abgeleitete Kennzahlen – in diesem Beispiel die Umsatzrendite – keineswegs eine triviale Größe darstellen. Kenntnisse über vor- oder nachgelagerte Abteilungen, von denen Zahlen bezogen oder an die Zahlen weitergegeben werden, sind darum eine unabdingbare Bedingung für eine gute Controlling-Tätigkeit.


Entwicklungen im Berufsbild – Harmonisierung des Rechnungswesens

In Großkonzernen kam Ende der 90er Jahre / Anfang der 2000er der Gedanke auf, das Rechnungswesen zu vereinfachen und die Trennung in externes (= handelsrechtliche Informationen) und internes (= steuerungsrelevante Informationen) Rechnungswesen zu verhindern. Heute beschreibt man dies mit „es wächst zusammen, was zusammen gehört“. Allerdings hat sich das Verständnis gewandelt. Ursprünglich ging es darum, die Kosten im Rechnungswesen zu senken und die Anforderungen der (vor allem angelsächsischen) Shareholder umzusetzen, alle internen Steuerungsinformationen ausschließlich aus dem handelsrechtlichen Abschluss zu beziehen – also keine zweite, den Shareholdern nicht nachprüfbare, Informationsquelle zu verwenden.

Diese Sicht gilt heute nicht mehr als angemessen. Sogar die IFRS haben indirekt die prinzipielle Überlegenheit interner Steuerungskennzahlen anerkannt. Als Beispiel können die Regeln zur Segmentberichterstattung, IFRS 8 „Operative Segmente“, dienen. Darin ist festgelegt, dass auch im Geschäftsbericht die vom Unternehmen verwendete Steuerungssicht darzustellen ist, selbst wenn diese nicht nach den Regeln des IFRS 8 erstellt wurde.

Dies spiegelt sich auch in großen Softwarelösungen, wie zum Beispiel SAP S4/Hana wieder. Mit dem sogenannten „universal ledger“ sind zwar beide Welten vereint aber auch weiterhin beide Welten vorhanden. Das gesetzliche Rechnungswesen hat nicht die Controlling-Sicht verdrängt. Eher umgekehrt wird erwartet, dass Controller weitreichende Kenntnisse im Rahmen von Bilanzierungsfragen oder Cashflow mitbringen. Auch wenn sie die Buchungen weiterhin (typischerweise) nicht selbst durchführen, so liefern sie doch häufig benötigte Informationen an die Finanzbuchhaltung. Dies gilt umso mehr, da Abschlüsse nach dem lokalen Handelsrecht für Tochterunternehmen von Großkonzernen weiterhin erforderlich sind und es meist keine mathematische Überleitung der Zahlen in die Logik des Konzernabschlusses nach internationalem Handelsrecht gibt. Die Sachverhalte müssen daher in der Buchhaltung oft auch zweimal verbucht werden. Als typische Beispiele können Pensionsrückstellungen oder die Bilanzierung von Leasingverträgen (IFRS 16) genannt werden.

Kalkulatorische Größen bestehen damit weiterhin neben den bilanziellen Wertansätzen des Gesetzgebers. In manchen Branchen, wie zum Beispiel der Automobilindustrie, wird dies im Rahmen der sogenannten „Open-Book-Kalkulation“ sogar explizit gefordert, weil die tatsächliche Nutzungszeit vieler Maschinen wesentlich länger ist, als die nach lokalem Handelsrecht vorgesehene Abschreibungsdauer. Daraus resultieren Differenzen in der Abschreibungshöhe, die angesichts der hohen Stückzahlen in der Branche einen erheblichen Unterschied in den Herstellungskosten ausmachen. Es gibt aber auch Wirtschaftszweige, für die diese Unterschiede nicht relevant sind, sodass diese Branchen ohne kalkulatorische Größen rechnen.

Entwicklungen im Berufsbild – Digitalisierung

Das Berufsfeld des Controllers verändert sich in jüngster Zeit auch aufgrund höherer Volatilität der Märkte, Internationalisierung und nicht zuletzt durch die Digitalisierung. Während die ersten beiden hauptsächlich das Risiko-Management und entsprechende Sicherungsmaßnahmen (insbesondere im Rahmen des Finanz-Controllings, wie zum Beispiel Hedging) betreffen, stellte Digitalisierung eine komplette Veränderung der künftigen Controller-Tätigkeiten und Controller-Aufgaben in Aussicht. Es ist davon auszugehen, dass die oft als „nächste industrielle Revolution“ bezeichnete Digitalisierung massive Auswirkungen auch auf das im Controlling benötigten Skill-Set haben wird. Kenntnisse in den Bereichen Process Mining, Business Intelligence (BI), Big Data oder Information Design dürften dazu gehören. Einfache Methoden bzw. Instrumente der fortgeschrittenen Datenanalyse kennen MS-Excel-Anwender z. B. in der Form von „PowerPivot“ und „Get and Transform“ (vormals „PowerQuery“). Die Anwendung dieser Lösungen (oder entsprechender eigenständiger Software-Lösungen) sind schon heute auf dem Vormarsch. Vermutlich werden aber auch Kenntnisse in Predictive and Advanced Analytics bis hin zu Machine Learning (z. B. mit „R“ oder „Python“) für analytisch ausgerichtete Kolleginnen und Kollegen zum Repertoire dazu gehören müssen, wenn man die Schnittstelle zum Data Scientist bildet oder Teile des Berufsbildes als sogenannter Citizen Data Scientist selber ausfüllen möchte.


Nach heutiger Einschätzung betrifft die Veränderung aber nicht nur direkte Fähigkeiten im Bereich Statistik oder IT, sondern auch Kompetenzen an „Soft Skills“. Insbesondere das Change-Management ist hier zu nennen, weil die Veränderung von Soft- und Hardware gegen den Widerstand von Mitarbeitern nicht nur die Kosten der Projekte erhöht, sondern vor allen Dingen auch deshalb, weil das heute in den Köpfen der Mitarbeiter vorhandene Know-how in die digitalen Prozesse einfließen soll. Die Grundvoraussetzung dafür ist aber, dass die Mitarbeiter freiwillig den Prozess mitgestalten. Dazu gehört, dass man bei den Mitarbeitern Veränderungsblockaden lösen lernt und gleichzeitig die Stakeholder erfolgreich mitnimmt. Das verlangt nicht nur Moderationsfähigkeit, sondern gelegentlich auch kreatives Querdenken, um ein Projekt agil betreiben zu können. Um Change-Kompetenz zu erwerben, muss man sich mit der eigenen Persönlichkeit und der daraus resultierenden Kommunikation[sfähigkeit] auseinandersetzen. Die Sachebene zu beherrschen und die „richtigen“ Argumente zu haben ist nur selten der Weg, eine andere Person zu überzeugen und zu motivieren.

Würdigung und Zusammenfassung

Die Veränderungen im Berufsbild werden erhebliche Auswirkungen auf die künftige Arbeitsweise haben. Der Trend geht eindeutig zu höherer Automatisierung und Spezialisierung. Damit dies zu sinnvollen Unternehmenslösungen führt, ist eine Ausbildung zum Generalisten unerlässlich. Außerdem wird es nicht möglich sein, sowohl in Finanz /Rechnungswesen als auch Change-Management und Digitalisierung gleichermaßen „zu Hause zu sein“. Es wird zu einer weiteren Ausdifferenzierung des Berufsbildes kommen.

Quelle

Controller Praxis, 18. Auflage, Verlag für ControllingWissen AG, Offenburg

Ersteinstellende Autoren

Albrecht Deyhle, Controller Akademie

Guido Kleinhietpaß, Controller Akademie