Rechnungswesen: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 4. März 2010, 13:18 Uhr
Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung
Das Rechnungswesen hat im betrieblichen Kontext die primäre Aufgabe, das sozioökonomische System „Unternehmung“ mit all seinen von Mitarbeitereinbringungen über Vermögensgegenstände und Nutzungsrechte bis hin zu den unterschiedlichsten Verpflichtungen (Schulden; Rückstellungen u.a.) reichenden Komponenten in Wertgrößen für Zwecke der Dokumentation und der Disposition abzubilden. Damit dient das Rechnungswesen der Reduktion von Informationsasymmetrien, die sowohl innerhalb des Unternehmens auf verschiedenen Hierarchiestufen als auch im Verhältnis zwischen Umsystem und Unternehmen auftreten.
Abgrenzung der Rechnungswesenbereiche
Im angloamerikanischen Raum wird für das Rechnungswesen der Begriff des Accounting verwandt, der in Abhängigkeit von dem primär zu informierenden Adressatenkreis i.d.R. in Management- oder Cost-Accounting für die interne Nutzung und Financial-Accounting für die externe Rechnungslegung unterteilt wird. Dies entspricht der im deutschen Sprachraum üblichen Trennung von internem und externem Rechnungswesen. Insb. in der angloamerikanischen Literatur ist die Abgrenzung jedoch nicht sehr trennscharf, da bspw. dem Management-Accounting auch der umfassendere Gesamtinhalt der Unternehmensrechnung, die die Unternehmensführung entscheidungs- (Decision-Facilitating) oder verhaltensorientiert (Decision-Influencing) nutzen kann, zugeordnet wird (Sweeny 1983, S. 467-468). In jüngster Zeit wird diese Trennung auch in Deutschland unter dem Schlagwort integriertes oder konvergentes Management-Rechnungswesen diskutiert und Vorschläge zu der Überwindung in Richtung einer ergebnis- und finanzzielorientierten Zusammenführung der beiden Rechnungswesenteilbereiche im Hinblick auf die Informationsunterstützung des Managements, der Shareholder (Shareholder Value-Analysis) und übrigen Stakeholder unterbreitet (Müller 2003). Dafür ist das betriebliche Rechnungswesen über die Dokumentationsfunktion hinaus um Planungs-, Kontroll- und Koordinationsaufgaben zu erweitern. Damit wird es ein zur Lösung von Dokumentations-, Entscheidungs- und Kontrollaufgaben institutionalisiertes, auf zahlungs- oder allgemein auf nutzenorientierte Informationen ausgerichtetes Führungsinformationssystem, welches im Idealfall ein schnell und universell auswertbares System darstellt, in dem einzelne Teilgebiete zusammengefasst und je nach Bedarf ausgewertet werden können.
Umfang des Rechnungswesens
Unter dem Rechnungswesen sind somit Konzepte und Verfahren zu verstehen, die eine zielgerichtete, quantitative Erfassung, Dokumentation, Aufbereitung und Auswertung innerbetrieblicher ökonomischer Prozesse und wirtschaftlich relevanter Beziehungen des Unternehmens zu seiner Umwelt ermöglichen (s. z.B. Eisele 1990, S. 1). Dabei ist nicht nur auf die mengen- und wertmäßige Erfassung und Überwachung aller im Betrieb auftretenden Geld- und Leistungsströme abzustellen, sondern eine wichtige zusätzliche Aufgabe des Rechnungswesens besteht darin, nicht-monetäre und qualitative Daten in entsprechende Wertgrößen zu transformieren, um eine ergebnis- und finanzzielorientierte Beurteilung überhaupt zu ermöglichen. Des Weiteren kann der Betrachtungsgegenstand des Rechnungswesens angesichts der zunehmenden Konzernverflechtung (Konzernarten) mit den daraus erwachsenden Dokumentations- und Lenkungserfordernissen nicht nur auf einen Einzelbetrieb beschränkt bleiben, sondern muss auch komplexe Unternehmensverbunde abdecken.
Ausgestaltung
Um seine Aufgabe als informatorische Basis der unternehmerischen Entscheidungs-, Planungs-, Steuerungs- und Kontrollfunktion voll erfüllen zu können, müssen die im folgenden Kontext sich stellenden Anforderungen bei der Ausgestaltung des Rechnungswesens gelöst werden:
· Integration in die Unternehmensorganisation (Organisationsberatung),
· Integration in ein übergeordnetes, alle Teilbereiche umfassendes Planungssystem und Kontrollsystem,
· Anreizverträglichkeit des im Rechnungswesen ermittelten Ergebnisses im Hinblick auf die Unternehmensziele,
· zeitliche und sachliche Entscheidungsverbundenheit zwischen den Informationen des Rechnungswesens und den Handlungen der Entscheidungsträger,
· Standardisierung für eine geordnete Dokumentation einerseits und Elastizität und Flexibilität für Ad-hoc-Informationen in Bezug auf die jeweiligen Bedürfnisse der Unternehmensführung andererseits,
· Unempfindlichkeit gegenüber Manipulation (Unregelmäßigkeiten; Bilanzfälschung) und Fehleinschätzungen,
· Verständlichkeit der Steuerungsrechnung für das Management sowie
· Wirtschaftlichkeit des Rechnungswesens, was eine Begrenzung der Datenerhebung -aufbereitung, -analyse und -weiterleitung bedingt.
Instrumentarium
Zur Abgrenzung des Rechnungsweseninstrumentariums von weiteren führungsunterstützenden Instrumenten (Controllinginstrumente) wird verallgemeinernd oft von „Unternehmensrechnung“ gesprochen, wobei dann neben Erfolgs- und Finanzrechnungen auch sozial- und umweltzielbezogene Rechnungen sowie Investitions- und Statistikrechnungen einbezogen werden. Die folgende Abb. zeigt die Instrumente des Management-Rechnungswesens unterteilt in den externen und internen Bereich:
Abb.: Einteilungsmöglichkeiten des Management-Rechnungswesens
Externes Rechnungswesen
Basis des externen Rechnungswesens ist die Finanzbuchhaltung, die durch die monetäre Erfassung von Geschäftsvorfällen die Abbildung einer Vermögenslage, Finanzlage und Ertragslage (wirtschaftliche Verhältnisse) im Rahmen der Bilanzierung nach den Regelungen eines Rechnungslegungssystems [HGB; International Financial Reporting Standards (IFRS); United States Generally Accepted Accounting Principles (US GAAP)] ermöglicht. Für die Erstellung des kompletten Geschäftsabschlusses mit Jahresabschluss und Lagebericht sind jedoch u.U. weitere Rechnungsweseninstrumente notwendig. Zum einen muss im Konzernfall ggf. eine Erweiterung um die Konzernrechnungslegung (Konsolidierungskreis; Konsolidierungsformen) erfolgen. Zum anderen ist der Umgang mit und die Abbildung von Risiken im Rahmen des KonTraG dahingehend gesetzlich präzisiert worden, dass ein Risikomanagementsystem (RMS) einzusetzen und darüber extern zu berichten ist (Chancen- und Risikobericht). Der so erstellte Abschluss unterliegt aber dem Einfluss der Unternehmensführung, die weitere freiwillige Informationen gewähren sowie durch den Einsatz einer zielorientierten Abschlusspolitik (bilanzpolitische Beratung durch den Wirtschaftsprüfer; bilanzpolitische Entscheidungsmodelle; bilanzpolitische Gestaltungsspielräume nach HGB; bilanzpolitische Gestaltungsspielräume nach IFRS; bilanzpolitische Gestaltungsspielräume nach US GAAP) eine gewünschte Abbildung anstreben kann. Um diese Verzerrungen wieder zu eliminieren, muss im Rahmen der Abschlussanalyse (Jahresabschlussanalyse) diese von externen Interessenten im Rahmen ihrer Einschätzung der wirtschaftlichen Lage korrigierend berücksichtigt werden.
Bei allen Informationen, die aus den externen Rechnungsweseninstrumenten generierbar sind, ist es wichtig, die Datenfülle managementgemäß zu komprimieren. Hierzu dienen z.B. Kennzahlen und Kennzahlensysteme (Kennzahlen und Kennzahlensysteme als Kontrollinstrument), mit denen hochverdichtet über die Unternehmensziele Erfolg und Liquidität Aufschluss gegeben werden kann (Erfolgskennzahlensystem; Liquiditätskennzahlen; RL-Kennzahlensystem).
Internes Rechnungswesen
Unter Konvergenzaspekten muss die führungsgemäß ausgestaltete, konvergente externe Rechnungswesenkonzeption Ausgangsbasis für eine umfassende, aktuelle Informationsunterstützung der Unternehmensführung sein (Führungsinformationssysteme; Management Support Systeme), wobei aber eine Erweiterung um interne Rechnungsweseninstrumente, insb. für Zwecke der zukunftsorientierten und detaillierteren Betrachtungen, vorzunehmen ist. Die Funktion des Rechnungswesens wandelt sich bei der Erweiterung der externen Rechnungswesenkonzeption durch interne Instrumente dabei von der Rechnungslegung zu Rechenschaftszwecken hin zur Informationsbereitstellung zu Lenkungszwecken, ohne dass dadurch eine zweite Datenbasis geschaffen werden würde. Vielmehr wird das vorhandene Zahlenmaterial erweitert, um zum einen die zielorientierte Planung und Kontrolle (Controlling) zu ermöglichen und zum anderen informative Kennzahlen bereitzustellen. Dazu bedarf es vor allem auch einer entscheidungs- und verhaltensorientierten Kosten- und Leistungsrechnung. Insb. zur Entscheidungsunterstützung ist das Rechnungswesen zu erweitern um die Instrumente der dynamischen und statischen Investitionsrechnung (Investition; Investitionscontrolling). Um eine umfassendere Abbildung des Innen- und Umsystems des Unternehmens zu erhalten, ist die monetäre Darstellung zu ergänzen um qualitative, zunächst nicht wertmäßig zu erfassende Informationen. Dafür sind Kalküle zur Abbildung qualitativer Aspekte notwendig.
Diese umfassende und ausdifferenzierte Abbildungskonzeption ist zu erweitern um die zeitliche Perspektive. Dies geschieht im Planungs- und Kontrollsystem, welches auf systematischer Basis die primär vergangenheitsorientierte Betrachtung in zukunftsgerichtete Abbildungen wandelt. Um die Planung zu einer sachlich, zeitlich und hierarchisch abgestimmten Gesamtplanung zu integrieren und die angestrebte Konvergenz zu betonen, bietet sich die Erfolgs- und Finanzlenkung an, die dies anhand der Betrachtung der zentralen Steuerungskalküle erreicht. Aufgrund der Ungewissheit über die zukünftige Entwicklung ist das Planungs- und Kontrollsystem zu verbinden mit dem RMS. Hinsichtlich der instrumentellen Unterstützung kommen betriebliche Statistik, Prognoseverfahren (Prognoseinstrumente) und weitere Planungs- und Kontrolltechniken in Betracht.
Um mit den Planungsinformationen das unternehmerische Handeln auf den unterschiedlichen Hierarchiestufen zu beeinflussen und damit die verhaltensorientierte Ausprägung des Rechnungswesens zu betonen, müssen in Abhängigkeit von der Zurechnungsmöglichkeit von Erfolgen und Vermögen, Vorgaben sowie Kontrollen der Bereiche und Stellen auf rentabilitäts- bzw. wertorientierter Basis (Wertorientierte Unternehmenssteuerung]) oder über die Budgetierung erfolgen. Die interne Ausprägung des Rechnungswesens ist zu integrieren in ein konvergentes managementgemäßes Kennzahlensystem.
Literaturtipps
· Eisele, W.: Technik des betrieblichen Rechnungswesen, 7. Aufl., München 2002.
· Müller, S.: Management-Rechnungswesen, Wiesbaden 2003;
· Schneider, D.: Betriebswirtschaftslehre, Band 2: Rechnungswesen, 2. Aufl., München 1997.
· Sweeny, R. B.: MAP Committee Promulgates Definition of Management Accounting, in: Thomas, W. E. (Hrsg.): Readings in Cost Accounting Budgeting and Control, 6. Aufl., Cincinnati 1983, S. 466-469.
Ersteinstellender Autor
Prof. Dr. Stefan Müller
Kontaktadresse: smueller@hsu-hh.de
Homepage: www.hsu-hh.de/abwl